Lieber Luther

Lieber Luther

Montag, 6. April 2015

Wortreich

Lieber Luther,
was hat Jesus gedacht? Wofür stand er? Was waren seine Grundüberzeugungen? Wie sieht er sich selbst? Hat er seine Person so in Vordergrund gestellt, wie wir das tun? Ist das nicht ein großes Missverständnis? Die Antwort lässt sich erschließen.
Die Bergpredigt ist immer eine gute Quelle der Erkenntnis. Gleich der erste Satz der Bergpredigt ist eine Grundsatzerklärung Jesu. Sein Manifest des Glaubens. Von Königsherrschaft und vom Reich Gottes ist die Rede. Schon sein erstes Statement enthält alle Zutaten, aus denen ihm später ein Kreuz gezimmert wird. Er sagt:
Von Gott gesegnet und endgültig in die Gemeinschaft mit ihm aufgenommen werden diejenigen, die sich beugen vor Gottes Wind, das heißt diejenigen, die vor Gott demütig sind. Sie werden Anteil haben an der Königsherrschaft des jenseits aller Materie Allumfassenden, an dem, was Matthäus bildlich das "Himmelreich" nennt. Wie ist das anzustellen? Wie kann man dieses Himmelreich gewinnen?
Jesus beruft sich oft, so auch in der Bergpredigt, auf die Propheten der alten Schrift. Sie sind seine geistige Heimat. Der "Himmel" als Bild für Gottes Wohnung ist nicht neu. David erkennt, dass der HERR ihm, seinem irdischen gesalbten König, hilft, ihn aus seinem "heiligen Himmel" erhört, erkennbar durch die Heilstaten seiner Rechten. Er wirkt allein durch seinen Namen, durch seine Stimme, durch das, was er durch seine ausgewählten Diener - Propheten in der Regel - verkünden lässt. Wer anderes denkt fällt, wer dem folgt, wird stehen und aufrecht bleiben. Deshalb: HERR, du KÖNIG, erhöre uns am Tag unseres Rufens (Ps 20, 7-10).
Gott spricht von Anbeginn von "seinem Volk", er ist der König dieses Volkes. Das Volk ist von Anbeginn als eine brüderliche Gemeinschaft angelegt. Deshalb sagt Gideon: Ich will nicht Herr sein über euch, und auch mein Sohn soll nicht Herr über euch sein, sondern der HERR soll Herr über euch sein (Ri 8, 23). Aber, die Menschen sind intrigant und machtbesessen. Die Mutter Abimelechs hetzte das Volk auf, er kaufte "lose und leichtfertige" Männer und schon fanden sich welche, die ihn zum König machten. Jotham, der jüngste Sohn Gideons, versucht sie aufzuhalten (Ri 9, 9-15):
Die Bäume baten den Ölbaum, dass er König über sie sei. Der Ölbaum lehnt ab, er sagt, ihr schätzt mein Öl, das Götter und Menschen preisen. Ihr müsstet das Fett lassen, damit ich über den Bäumen schwebe. Dann fragten sie den Feigenbaum. Soll ich etwa meine Süßigkeit lassen, damit ich über den Bäumen schwebe? antwortet der Feigenbaum. Dann fragten sie den Weinstock. Der entgegnet: Soll ich meinen Most lassen, der Götter und Mensch fröhlich macht, damit ich über den Bäumen schwebe? Da sprachen die Bäume zum Dornbusch: Komm, sei du unser König. Und der Dornbusch sprach: Ist's wahr, dass ihr mich zum König salbt über euch, so kommt und vertraut euch unter meinen Schatten; wo nicht, so gehe Feuer aus dem Dornbusch und verzehre die Zedern Libanons.
Der Dornbusch- König gibt nichts, was der Mensch so liebt, das Fette, Süße und Gesellige. In der Geschichte ist der Dornbusch die letzte Wahl der Menschen. Erst ist das Üppige, das Füllige, das Fette, das pralle Leben gefragt. Der Dornbusch hat auf den ersten Blick nichts Attraktives zu bieten, nur Dornen und seinen Schatten. Die falschen Könige, die zuerst gefragt sind, dagegen wohl. Was sie bieten, darauf will der Mensch nicht verzichten. Das Volk, das den König sucht, widersteht den Versuchungen des prallen Lebens nicht. Deshalb lieber einen anderen König suchen. Bei dem man scheinbar billiger wegkommt. Aber, weit gefehlt: Der Dornbusch-König fordert. Er fordert nichts materielles, er fordert inwändiges: Vertrauen. Wenn ihr mich zu eurem König macht und kein Vertrauen zu mir habt, sagt der Dornbusch, dann wird Feuer von mir ausgehen und die Zedern des Libanons verbrennen. Er fordert Vertrauen und bietet Schutz und einen Zufluchtsort. Kein Konsumgut, Lebens-gut. Aber: Ihr müsst mich wahrhaftig zu eurem König machen, Lippenbekenntnisse reichen nicht. Wenn ich nur ein Schein-König für euch bin, werdet ihr an eurer Scheinheiligkeit verbrennen. So kommt, sagt der Dornbusch, ihr müsst wahrhaft zu mir kommen, freiwillig.
Gott allein ist König, ein Mensch vermag solchen Schutz nicht zu geben. Er braucht den Schatten Gottes: Behüte mich wie ein Augapfel, beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel heißt es in Psalm 17, 8. Jesus ist Dornbusch für uns. Wie erklärt er uns Gottes Königsherrschaft? Sie ist wie ein Senfkorn. Wenn es auf die Erde gesät wird, ist es der kleinste Same (sperma), doch wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle Kräuter und es treibt große Zweige, so dass unter ihren Schatten die Vögel des Himmels ihren Platz finden (Mk 4, 30-32). Jotham und Jesus erklären in ähnlichen Bildern die Königsherrschaft Gottes.
Das Volk verlangt trotz alledem nach einem König und bringt es vor Samuel: Gib uns einen König, der uns richte. Samuel will das nicht und betet. Gott antwortet ihm: Gehorche der Stimme des Volks in allem, was sie zu dir gesagt haben; denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen, dass ich nicht soll König über sie sein. Sie gehorchen nur anderen Königen, sie gehorchen nur ihrer eigenen Stimme. Doch bezeuge ihnen und verkündige ihnen das Recht des Königs, der über sie herrschen wird (1.Sam 8, 5-22):
Er wird euch dienstbar machen und euch vor sich her treiben, er wird euch eure Söhne nehmen und für sich in den Krieg schicken, ihr werdet seine Äcker bebauen müssen, er wird eure Töchter zu Dienstmägden machen, er wird eure besten Äcker, Weinberge und Ölgärten nehmen und denen geben, die ihm willfährig sind. Ihr werdet Steuern zahlen müssen und von ihm abhängig sein. Wenn ihr euch dann über EUREN König beklagt, so werde ich euch nicht hören.
All das schreckte das Volk nicht, sie wollten nicht auf Samuel hören, sondern bestanden darauf, ihren eigenen König zu haben: …, dass uns unser König richte und vor uns her ausziehe und unsere Kriege führe. Der HERR sprach zu Samuel: Gehorche ihrer Stimme und mache ihnen einen König. Und Samuel sprach: Geht hin, ein jeglicher in seine Stadt.
Es hört sich an, wie ein weiterer Sündenfall. Das Volk verwirft Gott als Richter und als denjenigen, der für es in den Streit zieht. Sie tauschen tatsächlich Gott, den weltumspannenden König, gegen ein Menschlein. Sie wollen nicht von Gott gerichtet werden, sondern von einem irdischen Richter. Sie begreifen noch nicht einmal, als Samuel die Konsequenzen aufzeigt, dass sie sich verkaufen, sich versklaven, sich abhängig machen von menschlicher Willkür. Sie gehen sehenden blinden Auges in ihr Unglück. Die irdenen Könige, die kommen werden, Saul, David und alle folgenden, bis auf den heutigen Tag, werden es so machen, wie vorausgesagt.
Aber: Gott gibt die Fäden nicht aus der Hand: Denn siehe, der HERR hat einen König über euch gesetzt (1.Sam 12, 13-18). Er mischt mit und lässt sein Volk nicht. Er gibt ihm immer und jederzeit die Chance umzukehren und auf ihn zu hören. Wenn nicht, soll das Volk seinen Willen haben, es wird darunter immer welche geben, die auf ihn hören und seine Saat weitertragen. Gehorcht, sagt Samuel, seht die großen Zeichen, die Gott tut. Ist nicht Weizenernte? Ich will den HERRN anrufen, dass er es donnern und regnen lassen soll, dass ihr innewerdet, welch großes Übel ihr vor den Augen des HERRN getan habt, als ihr euch einen König erbeten habt. Und Gott ließ donnern und regnen.
Jesus beginnt seine Bergpredigt mit dem, was ihm am wichtigsten ist: die Königsherrschaft Gottes, Gottes Reich. Er fängt an, wieder geradezurücken, was Samuel nicht vermocht hat: Das Volk wieder dazu zu bringen, Gottes Königsherrschaft anzuerkennen: Von Gott gesegnet und endgültig in die Gemeinschaft mit ihm aufgenommen werden diejenigen, die sich beugen vor Gottes Wind, das heißt diejenigen, die ihn als ihren König anerkennen. Sie werden Anteil am Reich des allumspannenden Königs haben.
Lieber Luther, das ist Jesu Programm. Jesus sät das Senfkorn Wort, er errichtet die Gottesherrschaft neu, indem er wieder Gottes Reich über jegliches irdische Reich, über jeden irdischen König und Götzen setzt. Jesus sät das Senfkorn Wort, er erzählt kraftvoll von Gott. Er will den Menschen die Gottesherrschaft, das Himmelreich, wieder schmackhaft machen, sie dazu bewegen, die irdischen Könige und Götter zu lassen, ihm darin nachzufolgen, Gott allein zu folgen.
Gottes Reich ist das Wort, ist logos. Für die Erzväter, für Mose, Samuel, David, Salomon, Elia, Jesaja, Jeremia, Hiob, Hesekiel, um nur die Prominentesten zu nennen, war das selbstverständlich. Außer ihnen gab es noch viele, zu denen Gott geredet hat, die sein Wort erkannt und weitergetragen haben. Jesus steht in dieser Reihe. Auch in seinem Verständnis der Anerkenntnis der Königsherrschaft Gottes. Er hat sich immer nur als Sohn, Knecht, Hirte verstanden, seinem himmlischen Königs-Vater gegenüber ohne Ausnahme demütig und gehorsam. Er war Wortdiener, er hatte niemals einen Anspruch, König zu sein. Oberste Autorität war für ihn Gott allein, sein Wort.
Geschichte wiederholt sich, fast bis ins Detail. Auch Glaubensgeschichte. Etwa 1000 Jahre nach Samuel gibt es wieder ein Volk, das nach einem König verlangt. "König der Juden" steht über Jesu Kreuz. Wieder ist es das Nichthörenwollen dessen, der das Wort Gottes verkündet. Sie verwerfen den Eckstein zu Gottes Reich. Gott könnte genauso wie zu Samuel zu Jesus gesagt haben: Gehorche der Stimme des Volks in allem, was sie zu dir gesagt haben; denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen, dass ich nicht soll König über sie sein.
Nach der Johannesversion fragt Pilatus Jesus (Joh 18, 33-38): Bist du der König der Juden? Jesus antwortet logischerweise: Mein Reich unterliegt nicht dieser Weltordnung, sonst hätten diejenigen, die mich auf dem Weg begleiten, um den Sieg gekämpft. Will heißen: In dem Königreich, von dem ich spreche, braucht man nicht um den Sieg zu kämpfen. Man hat, so man Gottes Wort folgt, Anteil daran.
Pilatus hakt nochmals nach: Bist DU dann doch ein König? Jesus hatte vorher schon auf diese Frage eine Gegenfrage gestellt? Fragst du das von dir aus oder haben dir das andere ins Ohr geflüstert? Bin ich denn Jude, wehrt Pilatus ab. Nun also nochmals ein Versuch: Bist DU mit deinem Reich jenseits dieser Welt dann doch ein König? Jesus sagt: Das sagst DU, ich aber sage: Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die WAHRHEIT (der Gottesherrschaft) Zeugnis ablege. Jeder, der wahrhaftig ist, der an Gottes Reich teilhat, hört meine Stimme, da er auf das Wort, das ich geredet habe, hört. Pilatus fragt: Was ist Wahrheit? Er gehört also offensichtlich nicht dazu.
Lieber Luther, Jesus ist der Dornbuschkönig, die Dornenkrone haben sie ihm symbolträchtig aufs Haupt gesetzt. Diese Dornenkrone hat er mit Überzeugung getragen. Seine Botschaft war: Vertraut mir, ich vertraue Gott. Gott allein ist unser König. Sein Reich ist das Wort. Ich bin gekommen, um diese Botschaft zu erneuern, um euch zu sagen, wie ihr an Gottes Reich Anteil haben könnt. Ich lasse durch das Wort, das ich predige, Gottes Reich wachsen, ich lege das Saatkorn. Es ist ganz einfach, Anteil an Gottes Reich zu gewinnen: Hört auf das Wort! Nur das kann euch vor dem Verderben retten. Ich vermag es nicht, was immer die Sündentheologie fabuliert, das vermag nur das Wort meines Vaters. Das Himmelreich ist ein Wortreich!
Herzliche Grüße
Deborrah

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