Lieber Luther,
manche Dinge gehen mir zu langsam, manche zu schnell. Heute ist schon der letzte Sonntag nach Epiphanias. So weit bin ich noch lange nicht. Ich bin gerade mal bei der Hochzeit von Kana angelangt. Das ist ja eine wichtige Bibelstelle, das erste "Wunder".
Beim Kirchgang heute ist mir hierzu ein Licht aufgegangen, wahrscheinlich weil draußen ein heller Tag war.
Im Johannesevangelium steht der Text im 2. Kapitel, gleich nach dem Kapitel über Jesu Taufe durch Johannes. Und zum Abschluss: "Von nun an werdet ihr den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf und herab fahren auf des Menschen Sohn." (Joh 1, 51). Jetzt ist er bereit.
Das Geschehen hat verschiedene Dimensionen. Fangen wir mal bei seinem Verhältnis zu seiner Mutter an.
"Am dritten Tage" (Zufall?) war eine Hochzeit. Maria, seine Mutter, war zugegen. Das erste Mal, dass sie im Johannesevangelium auftaucht. Sie weist ihn darauf hin, dass der Wein aus ist und er antwortet barsch "Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen."
Nicht das einzige Mal, dass er seiner Mutter gegenüber so harsch ist. Schon als er beim Osterfest in Jerusalem verloren ging, als 12jähriger, hat er ihr eine Breitseite entgegengeschickt. Oder: Matth. 12, 47.: "Wer ist meine Mutter?". Ich habe dir darüber schon geschrieben, auch dass ich für seine Entgegnung Verständnis habe.
Deshalb muss man auch hier hinschauen, was wirklich gemeint ist.
Zunächst Jesus in seinem Mensch-Sein. Er ist erwachsen und will sich nicht von seiner Mutter sagen lassen, was zu tun ist. Verständlich. Sie sagt dann auch zu den Dienern: "Was er euch sagt, das tut". Damit schiebt sie ihm die Verantwortung rüber. Tu, was du denkst sei richtig. Ich halte mich von nun an raus. Du bist jetzt der Herr. Im Zweifelsfall gibt es eben keinen Wein. Sie entlässt ihn aus ihrer Obhut.
Dann das Überraschende: Obwohl er abwehrend sagt "meine Stunde ist noch nicht gekommen" tut er plötzlich doch etwas, übernimmt die Verantwortung: Er macht Wasser zu Wein. Dass das erste seiner Zeichen ausgerechnet die Umwandlung von Wasser zu Wein ist, ist nur auf den ersten Blick überraschend.
Es steht für das A & O, den Quell des Lebens am Anfang und sein vergossenes Blut am Ende. Es steht am Anfang seines Wirkens und deutet schon auf das Ende. Deshalb sagt er "Meine Stunde ist noch nicht gekommen". Seiner Mutter und ihrer Liebe bedarf er erst wieder als er am Kreuz hängt. Die Kriegsknechte ritzen dort die Schläuche, die er in Kanaan gefüllt hat, mit seiner Außenhaut wieder auf und das Blut und Wasser läuft wieder heraus.
Seine Mutter macht er aber, bevor er stirbt, als seine Stunde da ist, zur Mutter der Mütter, zur Mutter all seiner Jünger, die er lieb hat. Er erhöht sie, nachdem er sie so oft erniedrigt hat.
Dass Wein nicht gleich Wein ist, merkte auch der Schankmeister. Wieso hat Jesus die Hochzeitsgesellschaft erst den schlechten Wein trinken lassen? Weil man erst, wenn man schlechten Wein getrunken hat, den guten Wein schätzt.
Die Hinterhältigkeit des Schankmeisters, von gutem zu schlechtem Wein zu wechseln, nachdem die Gäste betrunken sind, wollte er nicht unterstützen. Das wäre gleich zu Beginn nicht das richtige Zeichen gewesen. Denn er war ohne Falsch.
Ganz schön komplex, diese Hochzeit von Kanaan. Mir ist auch nochmals der Dreiklang von Epiphanias klar geworden: Geburt – Taufe – Tod. Jesus als Menschensohn.
Lieber Luther, ich könnte wahrscheinlich noch ein paar Blog-Seiten zu dem Thema füllen, will dich aber nicht zu lange in Anspruch nehmen. Ich weiß, du hast viel um die Ohren. Ich muss gleich auch noch in die Küche und kochen.
Herzliche Grüße
Deborrah
Deborrah
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