Lieber Luther

Lieber Luther

Samstag, 28. März 2015

Hosanna - Herr hilf!

Lieber Luther,
mit dem heutigen Predigttext habe ich mich schon vor einem Jahr beschäftigt, in der Version des Matthäusevangeliums (Mt 21, 1-10), hauptsächlich unter Sicht des Volkes. Wenn man den heutigen Predigttext liest, in der Version des Johannesevangeliums (Joh 12, 12-19), hat man den Eindruck, der Schreiber des Johannesevangeliums ist etwas verwundert, angesichts dessen, was da berichtet wird. So hat er, die Geschichte mit Kommentaren versehen, damit man es denn besser verstehen solle. Ob sie hilfreich sind, sei dahingestellt.
Lässt man die Kommentare weg, ist folgendes beschrieben: Jesus hat Lazarus aus dem Tod gerufen. Dieses Zeichen haben viele verstanden und als die Kunde kommt, dass er auf dem Weg nach Jerusalem ist, kommen sie ihm entgegen. Seine Anhänger behandeln ihn wie einen König und rufen: Hosanna! Gepriesen sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel! Jesus "findet" im Johannesevangelium das Eselfüllen, mit dem er in Jerusalem einreitet, bei Mt z.B. aber hat dieses Eselfüllen eine eigene Geschichte.
Der Esel trägt die Last der bedürftigen Menschen in die Heilige Stadt, das Neue Jerusalem. Wohl euch, die ihr sät an den Wassern und die Füße der Ochsen und Esel frei gehen lasst (Jes 32, 20), lernt bei Bileam, bei dem der Esel sehender war, als der Mensch, der den weltlichen Fürsten folgte und nicht Gott (4. Mose 22, 21 ff). Folge dem Esel und schlage ihn nicht, wenn er dir einen anderen Weg weisen will. Der Esel sieht den Engel des HERRN am Weg stehen, folge seiner Spur. Finde deinen Esel, damit er dir die Spur zum Engel weißt. Wenn das Leben auch störisch ist, nimm es, wie es sich dir gegeben ist, vertraue deinem Lebensesel, auch wenn es dir vorkommt wie eine Eselei.
Jesaja beginnt seine Botschaft mit dem Satz (Jes 1,2-3): Höret, ihr Himmel! und Erde nimm zu Ohren! denn der HERR redet: Ich habe Kinder auferzogen und erhöht, und sie sind von mir abgefallen. Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt‘s nicht, und mein Volk vernimmt's nicht. Der Esel, auf dem Jesus sitzt, kennt sein Ziel, seine Krippe. Er ist unterwegs zurück zu ihr. In seine Heilige Stadt, zurück in Gottes Höhe, zurück zu seinem Stall, zu seinem Futtertrog. Ochs und Esel standen bei Jesu Geburt an seiner Krippe und der Esel bringt ihn zurück zur Krippe. A&O eng verknüpft.
Wenn man verstehen will, was uns die Geschichte vom Einzug in Jerusalem sagen soll, liest man besser in der Alten Schrift, denn auf sie wird in ihr Bezug genommen. Es gilt Psalm 118 und Sacharja 9 zu verstehen, und zwar den gesamten Kontext. Im Johannesevangelium sind nur kleine Teile herausgenommen, deshalb ist es auch schwierig hinter die Oberfläche zu blicken, was der Evangeliumsschreiber einräumt: Die Jünger verstanden den Sinn nicht. Worin besteht er?
Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich. So beginnt und endet Psalm 118. Diejenigen, die den Herrn fürchten, sagen: Der HERR ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können Menschen mir antun? Es ist gut, sich auf den HERRN zu verlassen und nicht auf den Menschen. Die Rechte des HERRN ist erhöht, sie behält den Sieg. Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkündigen. Der HERR züchtigt mich wohl, aber er gibt mich dem Tod nicht preis.
Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich dahin eingehe und dem HERRN danke. Das ist das Tor des HERRN. Die Gerechten werden dahin eingehen. Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom HERRN geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen. Dies ist der Tag, den der HERR macht; lasset uns freuen und fröhlich darinnen sein. O HERR hilf! o HERR, lass wohl gelingen! Gelobt sei der da kommt im Namen des HERRN! Wir segnen euch, die ihr vom Hause des HERRN seid. Der Herr ist Gott, der uns erleuchtet. Schmückt das Fest mit Maien.
Das Fest, das in Ps 118 beschrieben ist, ist auch das Fest, mit dem Jesus Einzug in Jerusalem hält. Es ist vom Neuen Jerusalem die Rede. Das Tor durch das Jesus in seine Stadt einreitet, heißt: Gerechtigkeit. Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, damit ich darin einziehe. Die Gerechten werden darin einziehen. Jesus nimmt von seiner Stadt, dem Neuen Jerusalem Besitz. Er errichtet symbolisch sein Königreich, indem er einzieht wie ein König. Der Stein wird mit diesem Einzug zum Eckstein seiner Stadt. Das ist der Tag, den der HERR macht, ruft der Psalmschreiber begeistert aus. Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN! Wir segnen EUCH, die IHR vom Hause des HERRN seid. Das heißt: JEDER, der durch dieses Tor einzieht, wird in dieser Stadt der Gerechtigkeit wohnen, zur Rechten des HERRN erhöht werden. Jesus wohnt nicht alleine in seiner Stadt, das wäre sehr einsam. Jesus hat Mitbewohner. Wer durch das Tor der Gerechtigkeit zieht, wird nicht sterben, sondern leben, mit Jesus leben.
Jesus, der Gerechte, zieht in seine Stadt ein, er geht voran und zieht alle nach, das Volk, sein Volk, diejenigen, die an ihn glauben und ihm entgegen gehen, auf ihn zukommen. Deshalb: Du Tochter Zion, freue dich sehr, und du Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm, und reitet auf einem jungen Füllen der Eselin. Denn ich will allen Streit beenden. Er wird den Ungläubigen Gottes Frieden lehren und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis ans andere und vom Strom bis an der Welt Ende.
Der Tag des HERRN, das Neue Jerusalem ist hier beschrieben. Deshalb die Aufforderung: So kehrt euch zu der Festung, ihr, die ihr auf Hoffnung gefangen liegt. Ich will selbst um mein Haus das Lager sein wider das Kriegsvolk, damit nicht mehr über sie der Treiber fahre, der sie in ihr Verderben treibt, denn ich habe mein Haus mit eigenen Augen angesehen (Sach 9, 8-12).
Die Festung ist das Neue Jerusalem. Jesus sind die eigenen Augen Gottes, mit denen er die Stadt angesehen hat. Gelobt sei, der da kommt, IN DEM NAMEN des HERRN, Jesus verkörpert den Namen Gottes, Gottes menschlicher Name heißt Jesus. In der Stadt, in der Jesus einzieht, durch das Tor der Gerechtigkeit hindurch, wird - nachdem jeder durch es gegangen ist - Friede herrschen. Am Tag des HERRN. Das Tor steht offen. Es kann, wer auf Jesus zukommt, sich von ihm nachziehen lässt, in diese Stadt einziehen. Jederzeit! Das ist die Botschaft des Psalmschreibers und diejenige des Einzugs Jesu in Jerusalem, dem Neuen Jerusalem, das gemeint ist. Jehoschua-Josua führt Gottes Volk in das gelobte Land, Jehoschua-Jesus, im hebräischen derselbe Name - in das Neue Jerusalem. Ein Weg der Gerechten Gottes.
Die Klammer für die Geschichte vom Einzug Jesu in die Heilige Stadt bildet dieLazarusgeschichte, der Glaube, der uneingeschränkte Glaube an die Auferweckung nach dem Tod. Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkünden (Ps 118, 17). Lazarus ist bis heute nicht gestorben, bis heute ist er das Zeichen für die Werke Gottes, genauso wie David, genauso wie Jesus. Lazarus steht für den Glauben, der nicht stirbt, was immer geschieht. Was können Menschen mir antun? Der HERR ist mit mir, um mir zu helfen. Er steht für ein Leben, unabhängig vom physischen Tod. Mit dieser Gewissheit ist Jesus in Jerusalem auf dem Esel eingeritten. Mit dieser unbeirrbaren Wahrheit in sich. Es ist gut, auf den HERRN zu vertrauen und sich nicht auf die weltlichen Fürsten zu verlassen. Sie können mir nichts tun. Alle Fesseln will ich zerhauen, im Namen meines Vaters: Diejenigen, der Ungläubigen, diejenigen der falschen Prediger, diejenigen derer, die mich umgeben wie Bienen und mich zerstechen, die Fesseln des Fleisches und die Fesseln des Todes. Im Namen des HERRN will ich sie zerhauen.
Wie reagieren die Pharisäer: Ihr seht, dass ihr gar nichts ausrichtet; siehe, die Welt ist ihm nachgegangen (Joh 12, 19, Elberfelder Übersetzung). Welch eine – unvermutete – Selbst-Einsicht: Ihr seht, dass ihr gar nichts ausrichtet. Er wird den Sieg davontragen. Was für ein tiefer Satz, lieber Luther. Das Weltliche, das Räumliche, alles Physische, ist ihm nachgegangen. Anfang und Ende. Am Anfang war Logos, das Göttliche an sich, aus dem die Welt geworden ist. Jesus der Mensch gewordene Logos. Er ist der Welt vorangegangen und sie kam nach ihm, ist nach ihm geboren, und sie wird, am Ende, ihm nachfolgen im Sterben ins Leben. Eigentlich heißt es: Siehe, die Welt ist ihm Gastmahl. Er lädt zu seinem Gastmahl im Neuen Jerusalem. Die Welt ist bei ihm zu Gast. Folgt der Einladung!
Deshalb, lieber Luther, Hosanna, Gott hilf, dass wir den Weg finden durch das Tor der Gerechtigkeit zum Neuen Jerusalem, zu Jesu Gastmahl. Fürchtet euch nicht, Jesus ist dort schon eingezogen und hat das Tor weit für uns aufgemacht. Wir sind eingeladen, hindurchzugehen und ihm nachzufolgen.
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 22. März 2015

Skandalon

Lieber Luther,

"Wir wollen, dass du uns tust, was wir dich bitten". Wie oft sagen wir das zu Gott, wie oft beten wir das zu ihm? Und was wollt ihr? Wir wollen, dass wir zu deiner Linken und zu deiner Rechten sitzen! Jesus sagt: Ihr wisst nicht, was ihr bittet.

Das ist bis heute so, lieber Luther. Schon die Übersetzungen des Bibeltextes, um den es geht, Mk 10, 35-45, passen in diesen Tenor. Ihr wisst nicht, was ihr bittet, weil ihr immer noch nicht versteht, was ich sage. Man hört Jesus förmlich aufstöhnen. Der Text, so wie er deutsch da steht, verstellt völlig, was Jesus den Jüngern eigentlich sagen wollte. Man hat den Eindruck, es ist einfach nachgeplappert, was einer einmal falsch vorgeplappert hat. Das entdeckt man erst, wenn man sich der Mühe unterzieht, sich den Text Wort für Wort zu erschließen. Dann bekommt er einen ganz anderen Sinn, der absolut konsistent zu Jesu Selbstverständnis ist, aber nicht unbedingt zu dem passt, was Jesu hier zugeschrieben ist. Es ist hinzu – geschrieben, verfälscht. Wieso? Jesus erklärt es im heutigen Predigttext.

Ihr wisst nicht, was ihr bittet, sagt Jesus. Ihr bittet mich, dass ich euch zu meiner Rechten und Linken setze. Habt ihr denn noch nicht begriffen, dass ich das nicht kann? Zu seiner Rechten und Linken setzt mein Vater, wen er will, diejenigen, die er auserwählt. Es ist nicht in menschliche Hand gegeben, auch nicht in meine. Diejenigen nehmen dort ihren Platz ein, für die er bereitet ist, die Gott erweckt, damit sie seinen Willen tun. Wenn sie zu ihm heimkehren, werden sie dort sitzen.

Jesus fragt, könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke? Gemeint ist eigentlich der Wein, nicht der Kelch, da man einen Kelch nicht trinken kann, sondern nur aus einem Kelch. Könnt ihr den Wein trinken, den ich trinken werde? Die Jünger sind voller Selbstüberschätzung: Ja, können wir. Könnt ihr euch taufen lassen mit der Taufe mit der ich getauft werde? Die Jünger antworten auch hier voller Selbstüberschätzung und ohne jegliche Demut: Ja, können wir. Sie haben noch nicht einmal bemerkt, dass Jesus von der Zukunft spricht: die Taufe, mit der ich getauft w-e-r-d-e. Jesus spricht nicht von einer irdischen Taufe, seiner Taufe durch Johannes. Jesus spricht von seinem Eintauchen in die göttliche Sphäre, von seiner Rückkehr zum Vater, er der das Ebenbild des Vaters ist, vom Eintauchen in den väterlichen Geist.

Jesus sagt nicht: ihr könnt den Wein trinken wie ich, oder getauft werden, wie ich. Weil sie es eben nicht können, weil sie nicht Auftrag, Reinheit, Wahrheit, Gerechtigkeit und schon gar nicht die Erkenntnis Gottes haben, wie Jesus. Jesus ist von Gott gesetzt. Sie wollen sich Jesus gleich machen, völlig verkennend, dass sie nicht seine Größe und Herrlichkeit haben. Demut sieht anders aus. Sie ordnen sich nicht ihm unter, wie Jesus seinem Vater, sie ordnen sich ihm selbst bei.

Jesus sagt a-b-e-r: Ihr werdet z-w-a-r den Wein trinken und wie ich in Gottes Herrlichkeit eintauchen, ob ihr es so tut, wie ich, oder ob ihr zu seiner Rechten oder Linken sitzen werdet, steht mir nicht zu, euch zu geben. Steht mir nicht zu, euch zu geben. Meine Lieben, so sieht Demut aus! Begreift es doch. Ihr bittet mich, euch zu meiner Linken und Rechten sitzen zu lassen. Ist das Demut? Ist das Demut, wenn ihr die Ersten sein wollt, diejenigen, die oben sitzen zu richten? Wenn ihr das Sagen haben wollt? Ihr wollt den Ehrenplatz am Kopf der Hochzeitstafel, ihr wollt nicht die Hochzeitsgäste bedienen. Ihr wollt euch nicht selbst hintanstellen.

Jesus hatte ihnen gerade gesagt, dass er für das, was er predigt, einstehen werde, dass er dafür seinen Kopf hinhalten werde und dass er wisse, was auf ihn zukomme, das ihn aber nicht vom Predigen abhalten könne. Und was tun seine Nachfolger? Sie wollen ihre Schäfchen ins Trockene bringen und noch kurz vor Torschluss etwas für sich herausholen. Ihr habt nicht begriffen, um was es mir geht, sagt Jesus. Ihr durchblickt nicht, um was ihr mich eigentlich bittet! Jesus ist kurz angebunden in seiner Antwort.

Aber, es kommt noch schlimmer. Nicht genug, dass sich Johannes und Jakobus völlig vergaloppiert haben mit ihrem Egoismus, sie stecken damit auch noch die anderen Jünger an. Sie reagieren "unwillig" über die zwei Brüder, die vorgeprescht sind und sehen ihre Felle schon davonschwimmen, eifersüchtig auf die anderen zwei, die sich in Position bringen wollen. So erklärt Jesus ihnen – ja, was erklärt er ihnen?

Übersetzt ist: ihr wisst, dass die weltlichen Fürsten herrschen und die Mächtigen unter ihnen haben Gewalt. Aber so soll es nicht unter euch sein. Wer unter euch groß werden will, der soll euer Diener sein und wer unter euch der Erste sein will, soll aller Sklave sein. Denn auch der Sohn der Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.

Wie bitte? Wer sich die Mühe macht, die Bedeutung der griechischen und hebräischen Wörter, die übersetzt wurden, nachzulesen, wird sein Aha-Erlebnis haben. Fangen wir beim "Lösegeld" an, lieber Luther, du übersetzt gar "Bezahlung". Das hat Jesus aber gar nicht gesagt. Lytron ist der Preis für den Loskauf von Gefangenen, mit dem sie aus ihren Banden gelöst und frei gemacht werden. Es geht um das Lösen der irdischen Bande, um Nachfolge. Es geht nicht um einen Blutpreis, um die Sündenbande zu lösen, wie die Übersetzung suggeriert.

In Mt 16, 13 ff fragt Jesus seine Jünger: Was sagen sie denn, wer der Sohn der Menschen sei, was denkt ihr? Petrus sagt: du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Jesus antwortet: Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was DU auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was DU auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein. Jesus sagt: Ich gebe euch den Schlüssel zum Himmelreich selbst in die Hand, aber was ihr daraus macht, liegt bei euch selbst. Was ihr auf Erden tut, wird im Himmel für euch bereitet sein.

Zwischen den Jüngern ist ein Machtkampf ausgebrochen. Wer wird der Führer nach Jesus sein? Sie verteilen schon die Felle, solange Jesus noch unter ihnen ist. Wenn sie ihn tatsächlich gefangen nehmen und kreuzigen,wie viele schon vor ihm, die auch gepredigt haben, wer wird dann unser Anführer? Es geht um den sehr irdischen Streit untereinander, wer der Größte, Beste, Geliebteste ist. Bei Lukas steht es in dieser Deutlichkeit (Lk 22, 24 ff). Wer ist der Größte? Derjenige der zu Tisch sitzt oder der dient? Ich bin unter euch wie ein Diener, sagt Jesus. Das gilt auch für euch: Der Größte unter euch sei wie der Jüngste, wie das Kind, ohne EIGENES Recht, und der, dem gegeben ist, das Wort zu führen, sei der Dienende (diakoneo). Oder in Mk 9, 35: So jemand will der Erste sein, so soll er der Letzte sein und aller Knecht. Seid demütig.

Wer ist der Größte im Himmelreich? fragen die Jünger Jesus (Mt 18, 4 ff): Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie ein Kind, antwortet Jesus, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer sich selbst erniedrigt, ist der Größte im Himmelreich. Weh dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt, weh dem Menschen, der Anstoß erregt. Wehe dem Menschen, der sich selbst erhöht. Hacke dir eher selbst einen Arm ab, bevor du das tust, bevor dein Auge zum Fallstrick wird, reiße es aus, sonst landest du im Höllenfeuer. Hinter jedem, den du Geringer als dich selbst erachtest, sieht dich Gott an.

Das Ärgernis, der Anstoß, ist Skandalon, der Auslöser einer Falle, an dem ein Köder befestigt ist, die zuschnappt, sobald sie berührt wird. Es ist die Ego-Falle, welche heißt: Macht, Führung, Unterdrückung, Hochmut, wer ist der Erste, derjenige, der das Sagen hat. Das Ärgernis ist die Verführung, das Schaffen der Gelegenheit, die zu einem Verhalten führt, das die betreffende Person ruiniert. Wer wird der Wort-Führer nach Jesus? Das vorhersehbare Machtvakuum ist der Verführer. Und es finden sich welche, die es schließen wollen.

Jesus sagt: Wer die Kleinen und Geringen zu Fall bringt, der kommt zu Fall. Wer anderen Menschen Fallen baut, Gruben, in die sie fallen, der kommt zu Fall. Deshalb hacke lieber deine Hand ab, bevor du dies tust. Haltet euch davon fern, denn soweit soll es bei euch nicht kommen. Werdet nicht wie die Regenten der Nation, werdet nicht wie die Könige dieser Welt, nicht wie die Pharisäer, nicht wie die Eigennützigen. Sucht nicht euren Vorteil. Euch ist durch mich das Wort gegeben, ich öffne euch das Verständnis, ihr seid Knechte Gottes. Erster kann nur werden, wer ein Knecht Gottes (doulos) ist. An mir ist euch gezeigt, was ein Knecht ist, deshalb bin ich da, folgt mir in diese bedingungslose Gottes-Knechtschaft. Ordnet euren Willen dem Willen Gottes unter. Seid Diener wie ich, seid ein Diakoneo, einer, der bei Tisch bedient.

Der gedeckte Tisch ist aber Gottes Gabentisch, das was er dir gibt. Psalm 23: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Das ist der Wein, um den es geht, das ist die Macht, die zählt, das ist der Tisch, an dem ihr dienen sollt. Ich bin gekommen, nicht um bedient zu werden, sondern, um euch zu helfen, eure Bande zu lösen, eure irdischen Bande, eure Ego-Bande, durch das Wort und die Erkenntnis, die ich bringe. Ich gebe nicht mein Leben für euch, sondern ich bin euer Diakoneo, euer Diener, um euch, die ihr am Tisch des HERRN sitzt, mit dem Wort zu dienen, bringe das Leben zu euch durch das Wort. Ich gebe Gott meine Stimme (hebr. napas) und euch durch das Wort, Gotteskraft und Lebendigkeit. Ich bin der Mittler. Ich hauche euch Gottes Atem ein. Ich bin der Träger des Lebens (psyche).

Lieber Luther, das ist in der Botschaft ein gewaltiger Unterschied zu dem, was du übersetzt hast und auch in anderen Übersetzungen mehr oder minder steht. Du hast ziemlich menschlich gedacht, so wie Jesus absolut nicht gedacht hat, wogegen er sich immer gewandt hat. Oder eben nicht mehr nachgedacht, sonst wäre aufgefallen, dass das so nicht sein kann, wie es übersetzt ist. Jesus war einzig auf das Göttliche ausgerichtet, nicht auf menschliche Befindlichkeiten. Es geht ihm hier schon gar nicht um weltliche Macht oder das Dienen zwischen oder Unterwürfigkeit unter Menschen. Unterwürfigkeit unter Menschen war ihm fern. Er war Gott allein gegenüber unterwürfig und demütig. An vielen Stellen des Evangeliums ist das gezeigt. Deshalb sagt er hier im Klartext: Lasst eure Machtkämpfe, haltet euer Ego in Zaum, dient nicht euch und nicht den Menschen, dient das Wort, dient Gott allein, dient nur an seinem Tisch, sonst werdet ihr nie zu den Ersten und Größten im Himmelreich zählen. Übt Demut, das könnt ihr noch nicht.

Verschafft Gott recht nach seinem Recht, nicht nach eurem! Der Sonntag Judika hat nicht umsonst seinen Namen. Lieber Luther, um die Schrift zu verstehen, war es heute notwendig sich durch das übersetzte Wort hindurch zu kämpfen, Übersetzungs- und Theologieballast abzuwerfen. Die Übersetzungen verfälschen das Wort, das muss ich hier leider festhalten, auch deine. Sie sind der Sündentheologie geschuldet, der Ego-Falle, in die die potentiellen Nachfolger getappt sind, um sich in Position zu bringen. Petrus, Paulus, Jakobus, wer ist der Wortführer? Jesus ist nicht für unsere Sünden gestorben. So ist es nicht. Ihr wollt eure Schäfchen ins Trockene bringen, so wie Johannes und Jakobus. Jesus hat gesagt, das steht mir nicht zu, aber ihr maßt es euch an?

Jesus hat einzig für das Wort gelebt, um Gott eine Stimme und ein Gesicht zu verleihen. Jesus ist logos, kein Selbstmörder und keiner, den Gott mit Selbstmordauftrag geschickt hat. Er hat ihn geschickt, obwohl er wusste, dass sie ihm nicht glauben werden, dass sie ihn töten werden. Er hat das Wort über den Menschen gesetzt. Das ist die Botschaft, die Gott uns durch Jesus gegeben hat. Das Wort steht über dem Menschen. Der Mensch diene dem Wort.

Wenn Paulus meint, er und wir seien Heilige, denen Jesus einen Sündenfreibrief ausgestellt hat, nur weil wir getauft sind, dann maßt er sich an, was sich Jesus nicht angemaßt hat. Gleich wie Johannes und Jakobus. Jesus sagt, Taufe sagt nicht, dass wir automatisch zur Rechten und Linken Gottes landen. Die Theologen sagen, wie Johannes und Jakobus, wir wollen, dass du für unsere Sünden stirbst, so dass wir uns zu deiner Rechten und Linken setzen können. Ihr wisst nicht, was ihr bittet, ihr wisst nicht, was ihr lehrt, sagt Jesus. Das Wort ist über den Menschen gesetzt!

Herzliche Grüße
Deborrah

Samstag, 14. März 2015

Stärke

Lieber Luther,
Lätare, freue dich, dieser Ausruf passt perfekt zum Predigttext dieses Fastensonntages (Joh 12, 20-33). Wie das? Ist da nicht von einem Weizenkorn die Rede, das sterben muss? Und ist dieses Bild nicht auf Jesus gemünzt, auf seinen grausamen Tod? Von Verherrlichung ist außerdem die Rede. Was heißt das alles und wieso ist das ein Grund zur Freude? Aber der Reihe nach.
Griechen, das heißt Ungläubige, wollen zu Jesus, wissen aber nicht recht, wie sie das anstellen sollen. So fragen sie erst einen Jünger, der berichtet ihr Anliegen dem nächsten Jünger und schließlich bringen sie es gemeinsam vor Jesus. Jesus hat sie bisher zu den Seinen, zum jüdischen Volk, geschickt, um zu predigen. Nun kommen da Ungläubige daher und wollen auch Jesu Wort hören. Deshalb bedarf es anscheinend beider Mut, dieses Anliegen vor Jesus zu bringen. Jesus konnte, wenn es um Gott ging, um Wahrhaftigkeit und Gottes Wahrheit, grob sein. Deshalb bedurfte es etwas Mut, für die Ungläubigen bei Jesus zu bitten. Wie reagiert Jesus?
Oberflächlich sieht es so aus, als ob Jesus diejenigen, die ihn suchen, einfach links liegen lässt und sich mit sich selbst beschäftigt: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschen Sohn verherrlicht werden soll, sagt er. Jetzt ist sie da, meine Stunde. Die Stunde, in der offenbar wird, wie Gott in mir wirkt, die Stunde, in der ich in mir klar werde, was Gott von mir will. Nicht am Kreuz, jetzt geschieht dies, in der Predigt, beim Predigen. Jetzt ist die Zeit des Gerichts und gleichzeitig die Zeit der Ernte. In Kanaan, am Anfang seiner Predigttätigkeit, war Jeus Zeit noch nicht reif, jetzt ist sie es. Zeit der Ernte, Zeit des Gerichts, Zeit der Entscheidung. Was er zu sagen hat, hat für ihn höchste Bedeutung, höchste Wahrheit und höchste Wichtigkeit, schon an den Eingangsworten erkennbar:
Amen, Amen, wahrlich wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt bringt es viel Frucht.
So einfach ist es. Die Natur macht es vor. Zunächst kommt der Fall. Auch Jesus ist sterblich, er ist ein Menschen Sohn. Jetzt, da meine Stunde gekommen ist, ist meine Seele betrübt, sagt er. Er sieht, was sich um ihn herum zusammenbraut, nicht nur er wird verfolgt und bedroht wegen seines Glaubens, es sind auch andere. Auch andere haben sie schon ans Kreuz genagelt, der öffentlichen Ordnung, der religiösen Schein-Ordnung wegen. Die Versuchung, dem zu entkommen, sich einfach davonzuschleichen, Verkündigung Verkündigung sein zu lassen, Wort Wort, nur seine Haut zu retten. Um diesen Zwiespalt geht es. Jesus will verdeutlichen, wie man sich in solch einer Versuchung legen soll. Jetzt geht das Gericht über die Welt, jetzt entscheidet sich, wie ich mich entscheide. Am Weizenkorn sei es gezeigt.
Das Weizenkorn stirbt nämlich nicht, das Weizenkorn sprengt seine Hülle. Was mit "sterben" übersetzt ist, heißt ursprünglich: von … weg sterben. Das Weizenkorn entledigt sich seiner Hülle, Jesus klebt nicht an seiner Hülle. Das Weizenkorn wandelt sich. Jesus sagt an anderer Stelle, er muss wandeln, es reicht nicht, heroisch den Märtyrertod zu sterben (Lk 13, 31-33), seine Hülle sterben zu lassen. Es ist der fruchtbare Wandel, den Jesus hier predigt.
Das Weizenkorn stirbt nicht, nur seine Hülle stirbt weg. Das Weizenkorn hat Stärke in sich. Die Stärke ist der Nährboden. Sie lässt den Keimling entstehen, Wurzeln treiben, bis er sich selbst ernähren kann. Tief verwurzelt, kann der Keim aus dem Dunkeln wachsen. Der Nährboden, das Salz der Erde, verleiht ihm die Kraft, die Oberfläche zu durchdringen, zu grünen, Sturm und Wind zu widerstehen, Ähren und neue Frucht zu treiben, sich zu vermehren, es dem Mutterkorn gleichzutun. Sprenge deine Hülle und bringe Frucht in Fülle! Das ist die Botschaft, die Jesus hier so wichtig ist. Amen, lass dich von dem, was dich begrenzt oder bedroht, nicht aufhalten!
Es ist die äußerliche Anfechtung, um die es geht, der auch Jesus ausgesetzt ist. Die Zeit für Jesus ist gekommen, seine Zeit, die Zeit der Anfechtung und der Entscheidung. Es entscheidet sich, ob man lieber an der Hülle festhält oder zur Kraft durchdringt, sich auf den inneren Kern verlässt, auf seine Fruchtbarkeit, auf seine Kraft.
Wer sein Leben lieb hat, der wird es verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt nicht lieb hat, der wird es erhalten zum ewigen Leben. Sei ein fruchtbares Weizenkorn, sagt Jesus. Hänge nicht an der Hülle, verlass die nicht auf die Oberflächlichkeit, baue auf die innere Stärke, treibe Wurzeln in Gottes Nährboden, im Wort, dann wirst auch du zu einem Keimling, der wächst und Frucht in Fülle bringt.
Jesus fragt: Was soll ich sagen? Mein Nährboden ist Gott, ich bin seine Frucht, aus seinem Vaterkorn geworden. Was kann ich deshalb nur sagen? Vater, hilf mir in dieser Stunde! Hilf mir in dieser Stunde der Anfechtung, in der es widerstreitet in mir, an der Hülle zu kleben oder auf deine Stärke in mir zu bauen. Vater, mach offenbar, dass meine Stärke du bist, dass ich nicht wanke. Vater, offenbare, verherrliche, vergegenwärtige deinen Namen, mach es so offenbar, dass es jeder, der dich sucht, in mir sieht. Offenbare deinen Namen in mir und in dem, was ich predige und tue. Lass mich nicht wanken, mache mich zu einem Abbild von dir, das in mir offenbar geschehe und im Wort festgehalten und verkündet ist, dem alle nachfolgen können, die es wollen, die sich für dich entscheiden.
Jesus ist fest. Jesus betet in der Anfechtung. Er wird nur oberflächlich fallen, so wie es die Natur eines Menschenkindes vorgibt. Er baut auf Gottes Stärke in sich: Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren. Jesus, das fruchtbare Weizenkorn, das Frucht bringt in Gottes Scheuer, derjenige, der es wagt, von der Hülle zu lassen und auf Gottes Stärke zu bauen. Jesus, das fruchtbare Weizenkorn, das sagt: Folgt mir nach, tut, was ich getan habe, predigt das Wort, tut das Wort, verfallt nicht in die Versuchung, an der Oberflächlichkeit festzuhalten, sonst erfahrt ihr nie die Fruchtbarkeit eurer inneren Stärke, dann treibt ihr keine Wurzeln, keine Ähren, keine Frucht, sonst erfahrt ihr nie die fruchtbare Fülle Gottes.
Was soll ich sagen? fragt er. Nur dieses: Vater, hilf mir aus dieser Stunde der Versuchung. Verkläre deinen Namen, mache dich offenbar, dass sie glauben, dass du der allmächtige Gott bist. Es ist nicht mehr viel Zeit, deshalb mach deinen Namen offenbar.
Und Gott macht seinen Namen offenbar. Es donnert. Eine Stimme kommt vom Himmel, in aller Klarheit und Deutlichkeit. Für alle vernehmbar: Ich habe verherrlicht und werde auch wieder verherrlichen. Gemeint ist sein Name, nicht Jesus. Um den Sohn der Menschen Jesus geht es nicht. Und damit das auch klar ist, setzt Jesus gleich hinterher: Diese Stimme ist nicht um meinetwillen geschehen, sondern um euretwillen. Für Jesus wäre sie nicht notwendig gewesen. Jesus ist Stärke. Jesus ist Glaubensstärke. Jesus ist als leibliche Person nicht wichtig, wohl aber als Gottes Wortträger. Jesus ist Ebenbild Gottes. In Jesus offenbart sich für uns sichtbar Gott. Er hat für uns zum Vorbild der Versuchung widerstanden. Er hat sich ohne zu wanken für die Stärke im Weizenkorn entschieden, nicht für die Hülle. Der Fürst der Welt hat nicht über ihn gesiegt, sondern der innere Fürst ist sein alleiniger König.
Lieber Luther, die Stimme aus dem Himmel ist um unseretwillen geschehen. Weil wir nicht so stark sind wie Jesus, nicht auf unsere innere Stärke setzen, wie Jesus. Die Stimme ist geschehen, dass wir an Jesus nicht nur Gottes Allmacht sehen, sondern sie auch hören, dass alle Sinne die Chance haben, die Botschaft wahrzunehmen, die Chance, zum ewigen Leben durchzubrechen, der Versuchung zu wehren, an der Äußerlichkeit festzuhalten.
Vater, hilf mir aus dieser Stunde! Vater, hilf mir aus der Versuchung. Um das zu sagen, um zu zeigen, dass dies der Satz ist, um den es geht, darum bin ich in die Welt gekommen, sagt Jesus. Darum bin ich in die Welt gekommen! Um zu zeigen, dass Gott unsere Stärke ist, es zu predigen, ein Beispiel zu geben, dem ihr nachfolgen könnt.
Das lieber, Luther, ist die Antwort für die Jesus suchenden Griechen, die Ungläubigen, die Gottesfürchtigen, diejenigen, die Jesus suchen, um ihm nachzufolgen. Seid ein fruchtbares Weizenkorn, baut auf Gottes Stärke in euch. Euch das zu sagen, euch das vorzuleben, euch zur Nachfolge aufzufordern, dafür hat Gott mich gesandt. Baut auf Gottes Stärke in euch, seid fruchtbar, tragt Gottes Wort weiter, vermehrt es. Bringt es vor die Ohren aller Menschen. Sprengt die Predigt- und Glaubensgrenzen, die ihr bisher hattet, denn: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen. Wenn meine Saat aus dem Dunkel der Erde aufgeht, dann werde ich alle zu mir ziehen. Mein Wort, meine Stärke, wird ihre Stärke sein, ich werde sie anziehen, nachziehen.
Der Zusatz des Evangelium Schreibers: (Das sagte er aber, zu deuten, welches Todes er sterben würde), ist insofern richtig, als er sagte: Ich sterbe keines Todes, ich bin ein fruchtbares Weizenkorn, das durch seine innere Stärke Frucht in Fülle trägt. Deshalb: Sprenge deine Hülle und bringe Frucht in Fülle! Folge mir nach. Breche durch zum ewigen Leben. Lätare! Freue dich an Gottes Stärke in dir! Amen, Amen, wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es fruchtlos. Lieber Luther, lass uns wandeln, lass uns Jesus nachfolgen, lass uns auf Gottes Stärke in uns bauen, auf dass wir Frucht bringen. Amen, ja Amen.
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 8. März 2015

Gleich, vorher muss ich noch ...

Lieber Luther,
Auf den ersten Blick sieht es im Predigttext zum Sonntag Okuli (Lk 9, 57-62) so aus, als ob Jesus ein bisschen aufstöhne und sage, jeder Fuchs hat einen Bau, in dem er schläft, jeder Vogel ein Nest, in dem der die Nacht verbringt, aber ich, der arme Wanderprediger, weiß nicht, wo ich heute Nacht schlafen kann. "Modernisierte" Bibelübersetzungen führen auf die falsche Spur. Da heißt es: Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege. So steht es im Gesangbuch. Ein kleines s, das einen großen Unterschied macht, materialisiert und die Bibelmodernisierer nicht gerade als Bibelversteher dastehen lässt. Für sie hat Jesus eigentlich das gepredigt, um was es im heutigen Predigttext geht.
In der Lutherübersetzung von 1912 heißt es: Aber des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hin lege. Er hat keinen irdischen Ort, will Jesus sagen, aber sicher hat er kein "nichts".  Er hat sehr wohl etwas. In der Elberfelder Übersetzung ist nahezu wie in der Lutherübersetzung übersetzt. Aber, anstatt zu materialisieren, wird verortet. Anstatt dem "da" steht ein "wo", und anstatt "hin legt", steht "hinlegt", was auch wiederum in die falsche Richtung geht, eben "wo er sich hinlegt", was Jesus gerade nicht tut und wogegen er anpredigt. Das macht einen gewaltigen Sinn-Unterschied, ist aber, zugegegebenermaßen, nicht leicht zu verstehen. Lieber Luther, wie fast immer, hast du dich als einziger richtig hin gelegt.
Der Schlüssel zum Predigttext für diesen Sonntag liegt in Psalm 110: Der HERR sprach zu meinem Herrn: "Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege…. Er wird trinken vom Bach auf dem Wege; darum wird er das Haupt emporheben."
Im Predigttext heißt es: Es begab sich aber, dass sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wo du hin gehst. So fängt diese Geschichte an. Jesus ist auf dem Weg. Einen Vers vorher heißt es: Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern sie zu erhalten. Das ist der Weg, auf dem Jesus ist und auf den er uns mitnehmen will.
Viele finden Jesus gut, viele wollen ihm nachfolgen, bei vielen ist das Zungenwort stark, der Wille aber schwach. Vor der Nachfolge kommen noch viele andere weltliche und menschliche Dinge. "Ich will dir nachfolgen, wo du hingehst", sagen viele zu Jesus, behaupten auch viele von sich heute. In vielen Geschichten, z.B. der vom frommen Reichen, der von seinem Reichtum nicht lassen will (Mk 10, 20-24), sagt Jesus: Bedenke was du sagst, der Weg, auf den ich führe, ist nicht einfach, ich verlange viel, nämlich dass du es machst wie ich, nur Gottes Wort zu folgen, von allem anderen zu lassen: von der Familie, von Macht und Ehre, von Reichtum, von der Vorsorge, von der Bequemlichkeit.
Ich will dir folgen, wo du hingehst. Wirklich? fragt Jesus. Er prüft auf Herz und Nieren. Er sagt: Die Füchse haben Gruben, die folgen mir nicht nach. Simson fängt Füchse (Ri 15, 4). Sie verderben den Weinberg (Hohelied 2, 15). Füchse können auch falsche Propheten sein (Ps 63,10). Herodes ist ein Fuchs. Er kann mich nicht abhalten. Ich treibe Teufel aus, mache gesund und am 3.Tag werde ich ein Ende haben. Ich muss wandeln, meine Mission ist, die Menschen dazu zu bringen, sich zu ändern, ich muss vorangehen, sie auf den Weg hin zum Reich Gottes bringen. Es reicht nicht, dass ein weiterer Prophet vor den Mauern Jerusalems umkommt. Ich muss das Wort predigen (Lk, 13, 31-33). Füchse fallen am Ende in Gruben, mein Vaterhaus ist woanders. Ich werde mich nicht wie die Füchse in die Grube legen, sondern mich auf seinen Schemel setzen, Haupt an Haupt mit ihm zu seiner Rechten.
Du willst mir nachfolgen? Wirklich? Vögel unter dem Himmel haben Nester, aber des Menschen Sohn nicht. Du willst mir nachfolgen und sitzt bequem in deinem Nest? Verkriechst dich dort, richtest es dir dort schön ein und denkst, das sei nun Nachfolge? In Wahrheit ist mein Erbe wiesprenklige Vögel, um die sich andere schräge Vögel scharen und sich gegenseitig bekräftigen, dass sie doch in Gottes Reich fliegen, wie immer sie sich auch gebaren (Jer 12, 9). Der Sämannsät auf den Weg und die Vögel kommen und fressen die Saat (Mt 13, 4). Jesus sät das Wort auf den Weg, die falschen Vögel kommen, fressen die Saat, und scheiden das Wort als Sch… wieder aus. Man muss nur den ein oder anderen veröffentlichten Predigttext für heute lesen und weiß sofort, von was Jesus hier spricht. Die Vögel, ob Nesthocker oder nicht, sie folgen mir nicht wirklich, sagt Jesus. Irgendetwas kommt bei ihnen immer dazwischen, Ausreden und Entschuldigungen finden sie genug, nur mein Wort, das finden sie nicht.
Die Bilder aus der Tierwelt, ob Fuchs oder Vogel, haben die potentiellen Nachfolger nicht verstanden, sonst würde einer nicht Jesus fragen: Lass mich vorher noch meinen Vater begraben, dann folge ich dir nach. Das ist nicht bedingungslose Nachfolge, das ist: Wenn ich meinen Vater begraben habe, dann folge ich dir. Jesus sagt: Lass die Toten ihre Toten begraben, entscheide dich für das Leben, auch wenn es hart klingen mag und hart ist. Ich muss erst noch etwas anderes erledigen, dann kommst du, dein Wort und der Weg zum Himmelreich, ist keine Nachfolge, damit verfällst du den vermeintlichen Verpflichtungen im Leben und setzt deine Verpflichtung zur Nachfolge hinten an. Lass dich nicht von falschen Verlockungen und vermeintlichen Verpflichtungen von meinem Weg abbringen. Das ist seine kompromißlose Botschaft.
Poetischer steht dies in Spr 27, 6-8: Die Schläge des Liebhabers meinen's recht gut; aber die Küsse des Hassers sind gar zu reichlich. Eine satte Seele zertritt wohl Honigseim; aber einer hungrigen Seele ist alles Bittere süß. Wie ein Vogel, der aus seinem Nest weicht, also ist, wer von seiner Stätte weicht. Die Schläge des Lieb-Habers Jesus meinen es gut, aber die verführerischen Verlockungen der Welt sind zu reichlich, um bedingungslos nachzufolgen. Sein Honigseim wird zertreten, weil seine Schläge als zu hart erscheinen, nicht tragbar, nicht vermittelbar. Du musst nachfolgen, zählt nicht, du musst im Irdischen, aber wohl. Zuerst kommt etwas anderes, ist nicht Nachfolge, so wie sie Jesus versteht.
Jesus sagt, dein Ort, dein Weg, dein Ziel ist nicht das Ruhekissen, was willst du bei den Toten, da kannst du nichts mehr bewirken, gehe hin und verkündige das Reich Gottes, da kannst du etwas voranbringen in Richtung Reich Gottes, da kannst du etwas bewegen, aber nicht bei den Toten, dabei ist es egal, ob die Toten noch atmen oder nicht. Sie unterscheiden sich nicht voneinander.
Ich will dir nachfolgen, aber zuerst muss ich noch … z.B. mich vom einen oder anderen verabschieden. Frau Lot ist auch nicht bedingungslos gegangen, deshalb hat sie es nicht geschafft. Ihr Herz hat zu sehr in den Rückspiegel geschaut. Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes. Was könnte Jesus auch anderes darauf antworten? Wer den Boden bereiten will für das Wort Gottes, wer die Verkrustungen aufreißen will, damit die Saat des Wortes aufgehen kann, muss alle Kraft dafür aufwenden, zentriert, konzentriert sein auf dieses Ziel, vorwärts, dem Himmelreich entgegen gehen, ohne sich abzuwenden, um nach irdischen Verlockungen und Verpflichtungen zu sehen, ohne andere Prioritäten zu setzen, ohne Angst vor den Bedrohungen des täglichen Lebens. Pflüget ein Neues (Jer 4, 3), das Neue liegt vor euch, nicht hinter euch. Pflüget ein Neues, weil es Zeit ist, den Herrn zu suchen (Hos 10, 12). Viele Male sagt das Jesus. Aber - die Nachfolger sind rar. Das hat Jesus erkannt und immer wieder thematisiert, um das Bewusstsein, den Blick zu schärfen, die Augen zu öffnen, zu werben, andere Prioritäten zu setzen.
Des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hin lege. Die deutsche Übersetzung von "Haupt" hat nicht die Bedeutungsvielfalt des griechischen oder lateinischen Äquivalentes. "Haupt" bedeutet dort auch Eckstein oder Schlussstein. Das heißt übertragen: Jesus, der Eckstein, vermag nicht den Schlussstein zu setzen. Er findet noch nicht einmal einen Ort, an dem er den Eckstein setzen könnte. Zu viele: Gleich, zuerst muss ich noch ... Der Menschen Sohn findet keinen irdischen Ort, an dem er den Eckstein setzen kann... Diejenigen, die er gerne hätte, hat er nicht. Sie sind gerade anderweitig beschäftigt.
Damit wären wir wieder bei Psalm 110: Der HERR sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege. Jesus ist der Eckstein, der von Gott bei Gott gesetzt ist. Der Eckstein und der Schlussstein. Christus ist des Menschen Haupt, Jesu Haupt ist Gott (so auch 1. Kor 11, 3). Sein Haupt, sein menschlich gesprochenes Wort, hat Gott mit Jesus auf den Weg geschickt, mit der einzigen Verpflegung "Wort", das ist der Bach aus dem er auf dem Weg trinkt, das ist das Wasser, das ihn nährt und darum, da dies so ist, lieber Luther, darum hat er das Haupt wieder zu sich emporgehoben. Und erst, wenn wir dorthin gefolgt sind, ist der Schlussstein gesetzt. Es gilt für Jesus, noch viele Nachfolger zu gewinnen, bis es soweit ist. 
Lieber Luther, Okuli heißt der 3. Fastensonntag. Fasst Gott allein ins Auge, geht nur diesen Weg, fastet von allen falschen Verlockungen und Verpflichtungen. Das ist Jesu Botschaft. Legt eure Hand an den Pflug und seht nur nach vorn. Lippenbekenntnisse zur Nachfolge reichen nicht aus. Setzt eure Prioritäten richtig. Sagt nicht, erst muss ich dies und das tun, dann höre ich auf das Wort, dann folge ich nach. Macht aus dem Dann ein Jetzt! Und verfallt nicht in den Fehler der Bibelübersetzer: Es geht hier nicht um Materielles, um Menschliches, es geht um die Nachfolge im Wort. Es heißt nicht, der Menschensohn hat nichts, sondern er hat nicht, er hat sich den Verlockungen nicht hingegeben, er hat keine Bedingungen gestellt, er hat den Küssen des Verführers widerstanden, er hat uns ein Vorbild gegeben, er ist das sichtbare Zeichen,  eines dem wir nacheifern können. Ein "Gleich, vorher muss ich noch ... " gab es bei ihm nicht, wenn es um Gott ging. Lieber Luther, machen wir das "Gleich, vorher muss ich noch.. " zu einem "Jetzt mache ich es". Macht die Augen auf!
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 1. März 2015

Reminiscere

Lieber Luther,
der Mensch scheint unbelehrbar. Das war zu Jesu Zeiten so und ist heute so. Im heutigen Predigttext (Mk 12, 1-12) besteht wieder einmal die Chance, die Botschaft zu verkünden, die verstanden werden will. Aber wer tut das? Welcher Pfarrer wagt dies? Kommt heute die Botschaft, um die es geht, von den Kanzeln oder wird fabuliert und abgelenkt, um ja nicht den Verdacht zu erregen, dass der Gott, von dem sie angeblich predigen, etwas verlangt vom Menschen. Es geht, lieber Luther, um den Herrn des Weinbergs.
Die Geschichte ist einfach und an sich von jedem zu begreifen. Es geht um einen Weinberg, der gepflanzt ist, in den eine Kelter und ein Turm gegraben ist und den der Eigner verpachtet. Als er Knechte schickt, um die Frucht einzusammeln, werden diese gefoltert, misshandelt, getötet. Schließlich schickt der Eigentümer seinen Sohn, weil er denkt, dieser werde respektiert. Aber auch ihn töten die Pächter und werfen ihn aus dem Weinberg. Jetzt wird die Geschichte spannend. Was tut der Eigentümer?
Nach gängiger Kanzellesart müsste er den Folterern und Mördern vergeben, Gott ist die Liebe und vergibt jedem Sünder. Das wird verkündet. Mit Referenz auf Jesus. Jesus ist derjenige, der durch seinen Kreuzestod das vollbringt. Wirklich? Jesus verkündet etwas ganz anderes. Jesus predigt mit dem Gleichnis: Der Hausherr wird kommen und die Weingärtner umbringen und den Weinberg anderen geben. Es steht kein Wörtchen von Vergebung.
In den Weinberg ist die Kelter gegraben. Die Kelter – in manchen Geschichten die Tenne – steht für Gottes Gericht, dafür, dass Gott jeden ansieht und jede Tat ansieht, die jemand tut. Gott sieht das Morden und Foltern. Gott sieht den Egoismus derer, die in seinem Weingarten arbeiten: Sie sind nur an ihrem Vorteil interessiert, sie wollen die Frucht in die eigene Scheuer bringen, nicht Knecht sein, sondern selbst Herr des Weinbergs, sie wollen bestimmen und das Sagen haben.
Jesus ist gestorben uns zu retten? Und da der König Israels an der Mauer einher ging, schrie ihn ein Weib an und sprach: Hilf mir, Mein König! Er sprach: Hilft dir der HERR nicht, woher soll ich dir helfen? Vor der Tenne etwa oder der Kelter? Die Frau sagte: Gib deinen Sohn her, damit wir ihn essen können, morgen essen wir meinen Sohn. Und er gab seinen Sohn und forderte am anderen Tag den Sohn der Frau: Sie versteckte ihn aber und wollte nicht zu dem Bund stehen, den sie mit ihm getroffen hat (2.Kön 6, 26-29). Jesus ist Nahrung, seinen Leib wollen wir essen, wenn Gott aber unseren Leib essen will, mit Haut und Haaren, dann verweigern wir ihn.
Diejenigen, die von der Kanzel predigen, egal, was Jesus erzählt, Gott ist nur Liebe, nicht auch Gericht, nicht auch einer, der auf die Einhaltung des Bundes, des Pachtvertrages dringt, sind wie das Weib, das den Sohn vom Herrn fordert, aber nicht seinen Teil gibt, wie die Pächter des Weinberges, die so tun, als verschenke Gott die Frucht seines Weinberges für nichts, die seinen Sohn, sein Wort, totschlagen und achtlos vor den Weinberg werfen. Weib oder Pächter im Weinberg: sie entgehen der Kelter nicht. Jesus sagt es deutlich: Er wird kommen und die Weingärtner umbringen! Was heißt das?
Wer ist der, so von Edom kommt, mit rötlichen Kleidern, der so geschmückt ist in seinen Kleidern und einher tritt in seiner großen Kraft? "Ich bin's, der Gerechtigkeit lehrt und ein Meister ist zu helfen." Warum ist dein Gewand so rotfarben und dein Kleid wie eines Keltertreters? "Ich trete die Kelter allein, und ist niemand unter den Völkern mit mir. Ich habe sie gekeltert in meinem Zorn und zertreten in meinem Grimm. Daher ist ihr Blut auf meine Kleider gespritzt, und ich habe all mein Gewand besudelt. Denn ich habe einen Tag der Rache mir vorgenommen; das Jahr, die Meinen zu erlösen ist gekommen. Und ich sah mich um, und da war kein Helfer; und ich verwunderte mich, und niemand stand mir bei; sondern mein Arm musste mir helfen, und mein Zorn stand mir bei (Jes 63, 1-5).
Die Kelter ist DAS Bild für Gottes Gericht. Eine Kelter war, historisch, eine in Felsen gehauene Vertiefung, in der man die Trauben, die Frucht des Weinbergs, mit den Füßen austrat. Die Trauben waren rot. Die roten Trauben – auch Traubenblut genannt – bespritzten die Kleider des Traubentreters. Die Frucht, die anstatt nährt, besudelt. Jesus ist der Traubentreter, sein Kleid ist weiß. Es wird besudelt von denjenigen, die im Weingarten Gottes angesiedelt sind.
Genau davon spricht Jesus in dem Gleichnis. Von der Tragödie der Arbeiter in Gottes Garten. Er kennt die Schrift und das Wort. Er spricht vom Zorn Gottes über seine Arbeiter: Er wird sie töten, er wird es nicht zulassen, dass sie ihren Bund, ihren Pachtvertrag brechen. Wer den Pachtvertrag bricht, zieht sich seinen unerbittlichen Zorn zu. Wer etwas anderes verkündet, ist einer, der den Pachtvertrag zu seinen Gunsten auslegt, aus Feigheit oder Dummheit das Wort bricht, in die falsche Richtung ableitet. Auch das wird, wenn die Zeit da ist, wie Jesus sagt, ausgekeltert. Der Herr des Weinberges wird brüllen aus der Höhe und seinen Donner hören lassen aus seiner heiligen Wohnung; er wird brüllen über seine Hürden (= Zäune); er wird singen ein Lied wie die Weintreter über alle Einwohner des Landes, des Hall erschallen wird bis an der Welt Ende (Jer 25, 30).
Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und ob Ihr's wohl sahet, tatet ihr dennoch nicht Buße, dass ihr ihm danach geglaubt hättet, so ist im Matthäusevangelium das Gleichnis von den dummen Weinbergpächtern eingeleitet. Und Jesus fragt weiter: Kennt ihr nicht die Schrift? Steht da nicht: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Es steht vor euren Augen, es steht da, ihr lest es, tut es aber nicht. Deshalb wird das Reich Gottes von euch genommen und einem Volk gegeben, das Früchte bringt. Wer auf den Eckstein fällt, der wird zerschellen; auf wen er aber fällt, den wird er zermalmen (Mt 21, 32-44).
Schlag an mit deiner scharfen Hippe und schneide die Trauben vom Weinstock der Erde; denn seine Beeren sind reif! Und der Engel schlug an mit seiner Hippe an die Erde und schnitt die Trauben der Erde und warf sie in die große Kelter des Zorns Gottes. Und die Kelter ward draußen vor der Stadt getreten; und das Blut ging von der Kelter bis an die Zäume der Pferde durch tausend sechshundert Feld Wegs (Offb 14, 18-20). Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hieß Treu und Wahrhaftig, und er richtet und streitet mit Gerechtigkeit... Und war angetan mit einem Kleide, das mit Blut besprengt war; und sein Name heißt "das Wort Gottes". Und aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Heiden schlüge; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe; und er tritt die Kelter des Weins des grimmigen Zorns Gottes, des Allmächtigen. Und er hat einen Namen geschrieben auf seinem Kleid: Ein König aller Könige und ein HERR aller Herren" (Offb 19, 11-15).
Lieber Luther, Jesus sagt es immer wieder: Sie hören es und tun es nicht. Das gilt bis heute. Sie hören, was geschrieben steht, bis ins letzte Kapitel der Schrift, und sie lehren etwas anderes. Lieber Luther, er sagt auch: Der Herr des Weingartens wird sie umbringen und anderen den Weingarten geben. Das heißt, er lässt sie ihr Ding machen und geht andere Wege, gibt anderen seinen Weingarten. Er lässt sie sterben heißt, er lässt sie bedeutungslos werden: vor ihm und für seine Botschaft. Der Weingarten ist tot für ihn. Sein Wort wird dort totgeschlagen, über jeden, der es einfordert, fallen sie her und bringen ihn um. Wo "Gottes Weingarten" draufsteht, muss nicht Gottes Weingarten drin sein. Fruchtlose Weingärten. Jesus sagt es mit aller Deutlichkeit. Gott ist der Herr über seinen Weingarten, nicht die Weingärtner, die den Weingarten für sich beanspruchen. Sein Wort gilt, nicht ihr Wort! Reminisce, Arbeiter im Weingarten Gottes, reminisce!
Herzliche Grüße
Deborrah