Lieber Luther

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Sonntag, 15. Februar 2015

Pfarrer Latzel - Eine Mutmachgeschichte

Lieber Luther,
eigentlich dachte ich, ich würde heute mal wieder Zeit finden, über Grundlagen zu schreiben, da ich über den Predigttext von heute schon vor 2 Jahren geschrieben habe, über dasRosinenpicken. Das Thema ist aktueller denn je. Wieso? Obwohl mich die innerkirchlichen Streitigkeiten über Nichtigkeiten eher anöden und ich damit keine Zeit verschwende, bin ich über einen neuen Twitter-Follower über den Streit um den Bremer Pfarrer Olaf Latzel gestolpert. Zufall?
Also habe ich mich informiert. Gelesen, was so über ihn geschrieben wird, wie seine Kirche über ihn herfällt. Aber – vor allem – ich habe mir seine Predigt selbst angehört, Wort für Wort, auch die, über das Gleichnis vom Sämann. Und ich habe mir verwundert die Augen gerieben: Was geschieht hier? Es predigt hier einer, was in der Bibel steht und – anstatt dass sich seine Kirche vor ihn stellt – schlachtet sie ihn mit ab. Ja, sie schlachtet ihn, sie steht ihm nicht bei, sagt nicht, was dieser Mann predigt, ist was in der Bibel steht. Er ist nicht das erste Beispiel:Evangelische Kirche, quo vadis?
Ich gehe davon aus, dass die Mehrzahl derer, die über ihn her schmieren, die Predigt nicht gehört haben, sonst könnten sie keinen solchen Unsinn schreiben. Da ist von Hassprediger die Rede, von Volksverhetzung usw, es ist übelste Verleumdung am Werk. Herr Latzel hat in seiner Predigt ausdrücklich und nachdrücklich hervorgehoben, dass es die Pflicht eines Christenmenschen ist, seinen Nächsten zu lieben, ihm beizustehen, sich um ihn zu kümmern, egal welcher Religion er angehört. Wo ist da die Hasspredigt, die Hassbotschaft, die er angeblich verkündet?
Ist es Hassbotschaft, wenn er sagt, es gibt nur den EINEN Gott, es gibt den dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, Jesus, den Christus, so wie es in der Bibel steht? Was, wenn nicht das, soll ein evangelischer Pfarrer predigen? Folgt Jesus nach, hört das Wort, versucht es selbst mit dem Lesen der Bibel, macht euch euer eigenes Bild. Was kann ein evangelischer Pfarrer, für den sein Beruf Berufung und nicht Job ist, wie für die meisten dieser Zunft, anderes predigen?
Worüber kann man sich da empören?
Dass er sagt, wenn ich einen Knochen, das Grabestuch, eine Monstranz oder sonst eine Relique, Amulette, Wuduanhänger, Talismänner und was es sonst noch so gibt, anbete, ist das Götzendienst? Wenn ich zu Maria bete, anstatt zu Christus? Wo in der Bibel steht bitte, dass zu Maria zu beten ist? Jesus würde sicher nicht auf die Idee gekommen sein, das zu lehren. Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Das sind alles Hilfskonstrukte, wenn man streng ist, Götzendienst oder kirchlicher Machterhaltungsdienst, wenngleich ich das nicht so streng sehe. Alles, was hilft, auf Gottes Weg zu kommen, taugt, auch wenn es zunächst wie Fetisch aussieht. Manchmal braucht der Mensch etwas, um sich festzuhalten, damit er weiter gehen kann. Wieso das aber nicht Christus direkt ist, ist die Frage, der man sich stellen muss. Da sind sie wieder, die grundlegend unterschiedlichen Glaubensauffassungen zwischen katholischer und evangelischer Kirche. In Wahrheit ist es aber nicht der Glaube, der differiert, es ist die unterschiedliche Lehre.
Lieber Luther, auf dich bezieht sich die evangelisch-lutherische Kirche, aber sie erschrickt, wenn man heute ausspricht, was der Grund war, wieso es letztendlich zur Abspaltung von der katholischen Kirche kam. Sie erschrickt, wenn man ausspricht, dass sich seither nichts geändert hat. Sie erschrickt, wenn man zu ihren Grundpfeilern steht. Sie erschrickt, wenn man ausspricht, was du vor über 500 Jahren ausgesprochen hast, unter noch sehr viel mehr persönlichem Risiko als das, das heute Pfarrer Latzel eingeht, oder noch vorher Jesus. Wie falsch und heuchlerisch ist diese Kirche und ihre Vertreter und Vertreterinnen! Vertreten sie überhaupt etwas, was in der Schrift steht, oder sind sie nur verständnislos, blind, taub oder Bibel unbelesen? Wahrscheinlich eine Mischung aus allem zusammen.
Worüber kann man sich empören?
Dass Pfarrer Latzel sagt, wenn ihr Jesus neben eure Buddhas stellt oder in die Reihe der Hindu-Götter einreiht, seid ihr keine wahren Christen?
Dass er sagt, man muss für den EINEN Gott einstehen, auch wenn man dafür gesteinigt wird, sozial ausgegrenzt, als Hassprediger hingestellt wird?
Zu hart? Nein, das passiert gerade mit ihm, ein Kesseltreiben, das frappierend an die Kesseltreiben der Herrschenden und des Pöbels erinnert, denen fast alle Prediger, die es gewagt haben, das Scheinmäntelchen zu lüften, ausgesetzt waren. In der Bibel sind sie mannigfach dokumentiert, bei Jesus hat es zum Tod geführt, manche sind auf dem Scheiterhaufen gelandet. Heute hetzt einen die Internetmeute zu Tode.
Wer sind hier eigentlich die Hassprediger? Herr Latzel mit absoluter Sicherheit nicht. Es sind alle Schreiberlinge, denen es nicht um den Glauben geht, von denen die meisten keine Ahnung haben, von was Herr Latzel überhaupt spricht, die seine Predigt absichtlich verdrehen, so, dass es in ihre Argumentationskette passt, die ihrer eigenen Profitmaximierungslogik folgt. Es geht um Auflage, um Sensationsmache, um Aufmerksamkeit im Internetkampf um die Klicks und die Werbekohle. That's it. Das Bekenntnis zum EINEN Gott ist all diesen Menschen völlig Humpe. Es geht nicht darum, was Pfarrer Ltzel gesagt hat, sondern wie sie das für ihre Zwecke ausschlachten können.
Es geht um Politik, auch um Kirchenpolitik. Um was es am wenigsten geht, ist das, um was es Herrn Latzel geht: um die Verkündigung des Wortes, um die Nachfolge Jesu, für die er kämpft und sich – hoffentlich – nicht einschüchtern und mundtot machen lässt. Seiner Kirche wäre das am liebsten. Ihre Vertreter sind es nicht gewöhnt, für Jesus, die Schrift und das Wort in die Bresche zu springen, das Gesicht und die ganze Person für das in den Wind zu halten, für das sie ihre monatliche Kohle bekommen, so wie das Herr Latzel tut. Kirchenbeamtentum hat nicht nötig für das einzustehen, was auf dem Werbebanner steht. Sie drehen sich, wie die Wetterfahne im Wind, springen mehr den diversen Erwartungshaltungen und Talkshow-Wetterlagen hinterher: Nur nicht anecken. Und wenn wir Jesus, das Wort und die Schrift dabei verlieren – macht nichts, wir können sowieso nicht viel damit anfangen, genauso wenig wie mit dem Lutherjubiläum, alles schwer zu vermitteln heutzutage. Bauen wir doch unser eigenes wetterwendiges weichgespültes Gottesgerüst, wer weiß es schon besser? Das ist Abgötterei! Herr Latzel hat völlig recht.
War Jesus political correct als er über die Pharisäer herzog und das Unwesen, das sich eingeschlichen hatte wie der Dieb bei Nacht, war er angepasst? War Gideon political correct als er nachts die Götzentempel niederriss? Er erscheint in der Bibel, weil er in der Nachfolge konsequent war, beispielhaft, lehrhaft, trotz der vorherzusehenden persönlichen Nachteile. Wäre Jesus je gehört worden, wenn er diplomatisch und political correct gepredigt hätte? Die evangelische Kirche steht nicht zu Jesus, nicht zu Gott – Herr Latzel hat auch hier recht: Wer wagt von diesen Kirchenvertretern in einer Talk Show noch das Wort Jesus in den Mund zu nehmen? Sie folgen dem politischen Mainstream, den sozialen Erwartungen, dem sozialen Druck, aber nicht dem Wort und nicht Jesus.
Lieber Luther, den Medienvertretern und -tätern kann man das noch nachsehen, sie wissen es nicht besser und wenn es arglistig ist, was sie tun, wird auch das kurze Beine haben. Da bin ich voll Vertrauen. An die Kirchenvertreter muss man einen strengeren Maßstab anlegen. Wie scheinheilig bereiten sie, lieber Luther, dein Jubliäum vor, reden von Lutherdekade: Sie haben auch nach 500 Jahren noch nicht begriffen, um was es dir eigentlich ging, wieso sie eigentlich evangelisch und nicht katholisch oder buddhistisch oder hinduistisch oder jüdisch oder Moslime sind. Sie schämen sich deiner und wollen nicht für das einstehen, für das du gekämpft hast. Sie haben nicht kapiert, dass du dich auf das Wort zurückgezogen hast, dass für dich nur das Wort gegolten hat, ohne Rücksicht auf Politik oder Political Correctness, scheuen sich aber nicht, "Am Anfang war das Wort" auf ihre Lutherdekadenfeierfähnchen zu schreiben. Für dich hat nur das Wort gezählt und dafür bist du mit allen Konsequenzen eingestanden. Deshalb bist du für viele, die jetzt dein Jubiläum zelebrieren sollen, eher peinlich. So wie Pfarrer Latzel. Sie merken nicht, dass die eigentlich Peinlichen eigentlich sie selbst sind. Sie, die Gott im Mund führen, Jesus am liebsten verschweigen und für nichts eintreten, am wenigsten für das Wort, so wie es in der Bibel steht. Diese Kirche mit solchen Vertretern ist dem Untergang geweiht und das mit Recht. Sie ist nur noch ein leeres Gebäude, ein lahmer Kleppergaul, dem jegliche inhaltliche Substanz fehlt und auch jedes Zutrauen zum eigenen Glauben.
Lieber Luther, Gott ist mit denen, die für sein Wort einstehen. So wie Pfarrer Latzel. Es gibt nur wenige von der Sorte, aber dass er Schlagzeilen macht, ist – so paradox es klingt und wie persönlich schwer es für ihn sein mag - ein Hoffnungsschimmer. Denn, lieber Luther, er hat geschafft, was der ganzen Kirchenprominenz – abgesehen vom Götzen-Dienst an der eigenen Eitelkeit – nicht gelungen ist: Er hat geschafft, dass über den evangelischen Glauben in der Öffentlichkeit diskutiert wird, dass er plötzlich wieder ein Thema ist. Es bleibt zu hoffen, dass es eine Glaubensdiskussion wird, eine Diskussion, ein Ringen um das Wort, kein Religionskrieg, den die Schreiberlinge schon ausgerufen haben. Es sind die schreibenden Täter, die Pfarrer Latzels Predigt zu einer Hasspredigt machen, sie sind die Hassprediger, die Sturm säen. Die Intention und das, was wirklich von Pfarrer Latzel gesagt wurde, hat mit dem, was jetzt daraus gemacht wird, rein nichts zu tun. Die Predigten von Pfarrer Latzel hätte auch ich halten können. Es geht nicht um Kirche, es geht nicht um Politik, es geht schon gar nicht um Hasspredigten, es geht um Gottes Wort allein! Pfarrer wie Olaf Latzel ermutigen mich, weil ich plötzlich weiß, ich stehe nicht allein, wo mich – und nicht nur mich - die evangelische Kirche seit Jahrzehnten, alleine lässt. Ohne Pfarrer Latzel hätte ich das bis jetzt nicht gewusst. Für mich ist er eine Mutmachgeschichte! Endlich mal ein Pfarrer der Farbe bekennt! Endlich ein Pfarrer der die Bibel im Zusammenhang versteht! Es höre sich jeder, bevor er anfängt zu hetzen, seine Predigten Wort für Wort an, sie sind auf Youtube zugänglich:
Herzliche Grüße
Deborrah

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