Lieber Luther

Lieber Luther

Sonntag, 22. Februar 2015

Verführer

Lieber Luther,
es hätte mich gewundert, wenn ich über den Predigttext vom heutigen Sonntag, Mt 4, 1-11, nicht schon einmal geschrieben hätte, habe ich ihn doch schon viele Male gelesen. Was ich vor zwei Jahren geschrieben habe, kann ich so stehen lassen.
Trotzdem will ich etwas hinzufügen. Von der Penetranz Jesu, von seinem Bestehen auf dem Wort und dem, was in der Schrift steht. Was immer die Versuchung ist: Gott allein, antwortet Jesus. Gott allein zählt, er ist meine Referenz, er ist meine Herausforderung, nicht du, du dümmlicher Versucher, der du denkst, ich könnte mich in der Niedrigkeit der Welt verlieren.
Bist du Gottes Sohn, so lass dich hinab. Eben nicht! Was denkt der Versucher sich, wie dumm ich bin, muss Jesus gedacht haben. Warum soll ich mich, als Kind Gottes, in die Niederungen dieser Welt hinablassen? Ich habe mich wohl dorthin begeben, das bedingt mein Menschsein, aber es bedeutet nicht, dass ich mich in die Niederungen der Verführten hinablasse, mich einlasse auf deren Spiel. Ich spiele nicht nach ihren Spielregeln, meine Spielregeln bestimmt Gott allein. Lieber Verführer, ich durchschaue dich und du kannst mich nicht mit deinen durchsichtigen Spielchen ins Wanken bringen. Gott allein, die Schrift ist es, der ich folge, nicht deinen billigen Versprechungen, von denen du genau weißt, dass sie mich ins Unglück treiben. Du zählst auf meine Dummheit, aber auf mich kannst du nicht zählen, such dir einen anderen Dummen.
Du, lieber Verführer, bist in der Welt, seid es Menschen gibt. Der Mensch ist verführbar. Adam und Eva, die ersten Menschen, der Mensch von Anbeginn, ist auf dich hereingefallen. Aber Gott hat Menschen erweckt, die es besser wissen als du, die dir die Maske vom Gesicht reißen, denen du wohl das Fleisch und das irdene Dasein zerstören kannst, wie an Hiob gezeigt, aber nicht den Geist.  Dem Geist Hiobs, der in Gott ruhte, trotz aller Anfechtung, hast du nichts anhaben können. Es ist das Böse in der Welt, du, die Verführung, ist in der Welt. Sie tritt auf in Form von allerlei "Ich will", "Ich möchte", "Warum nicht ich, warum die anderen", in Form von "ich kann nicht lassen". Die Verführung ist allgegenwärtig, täglich, stündlich, sekündlich.
Wie reagieren wir auf die Verführungskünste des Egos, und es ist nichts als das Ego, das uns vom rechten Pfad abbringt, uns in unserem fleischlichen Sein überleben lassen will, uns vom Pfad, den uns unser Innerstes weist, abbringen lässt, uns auf den Irrweg führt, dem wir folgen, mit mehr oder minder schlechtem Gewissen, mit mehr oder weniger Ablenkung und Selbstbetrug, in Pseudo-spirituellen Wegen, die nichts anderes sind als Selbstverführung auf den falschen Weg, Ablenkung – auch wenn es nach dem Gegenteil aussieht – auf den Weg der Verführung. Ablenkung von der ungeschminkten Wirklichkeit in uns selbst, Selbsttäuschung, Selbstverführung – Selbstverirrung.
Der Versucher steht auf der Zinne des Gotteshauses, des Tempels, der angeblichen Wohnung Gottes. Doch ist es tatsächlich die Wohnung Gottes? Steht der Verführer auf der Zinne der Wohnung Gottes? Wohl nicht. Alles Menschengebäude, das angebliche Gotteshaus ist tatsächlich nicht Gottes Wohnung, es ist nur Gottes Wohnung wie Mensch es behauptet und sich gebaut hat. In Gottes tatsächliche Wohnung kommt der Verführer nicht. Jesus sagt über den Verführer im Gotteshaus: Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen! Lass dich hinab, sagt der Verführer, die Engel Gottes werden dich trotzdem in den Himmel tragen. Mitnichten sagt Jesus, auf diese Propaganda fall ich nicht rein: "Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen. Deshalb: Kannst du dich getrost in Sünden fallen lassen, wenn du dich an dem Sündenstein stößt, wird Gott dir vergeben, wie es im Gotteshaus gelehrt wird? Gott wird seinen Engeln befehlen, dich trotzdem auf Händen zu tragen? Mitnichten sagt Jesus: Auf diese Propaganda fall ich nicht rein. Du sollst den HERRN, deinen Gott nicht versuchen. DU, sollst es nicht, tue es nicht, lass dich nicht verführen, was immer die Verführung sagt. Wähle die Gottesfurcht!
Ich habe gerade gelesen: Gott will die Sünden abtun, aber den Sündern vergibt er. Dies hieße, er sieht darüber hinweg, dass du dich in die Tiefe stürzt und fängt dich auf, wenn du so dumm oder so schwach bist, der Verführung zu folgen. Mitnichten sagt Jesus. Steht so fest, wie ich stehe! Folgt mir darin! Deshalb steht diese Geschichte in der Bibel. Mitnichten! Werft euch nicht hinab in die Verführung, in die Sünden: Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen. Du sollst nicht auf ihn bauen, dass er, wenn du im Bewusstsein des Bösen das Böse wählst, seine Engel schickt, um dich im freien Fall aufzufangen. Nein, so geht es nicht. Tut es nicht! sagt Jesus uns mit dieser Geschichte. Wähle die Gottesfurcht!
Der Teufel geht mit Jesus auf einen sehr hohen Berg, auf einen zu hohen Berg für den Verführer. Um das Bild in Erinnerung zu rufen – Gott wohnt in der Höhe, Jesus steht auf diesem hohen Berg und er wankt nicht, er ist verankert in diesen hohen Berg. Dort, wo Gott wohnt und Jesus steht, ist für den Verführer kein Platz, er hat keine Chance. Was immer er tut, was immer er verspricht, es ist durchsichtig, dass es nur dazu dient, mit falschen Versprechungen ins Verderben zu locken. Wähle die Gottesfurcht!
Ich soll mich die Stadtmauer hinabstürzen? fragt Jesus. Jeder Körper zerschellt, wenn er das tut. Fleisch ist etwas, was Gott nicht interessiert, ihn interessiert allein das, was bleibt, der Geist, die Seele, die innere Einstellung. Wieso sollte ich mich in die Tiefe stürzen? Du befindest dich, lieber Verführer, auf der falschen Veranstaltung, du hast die falschen Gäste eingeladen, mit deiner billigen Masche kannst du bei mir keinen Blumentopf gewinnen. Du bietest mir Reichtümer, die nichts als Tand sind, die zerfallen, so wie du zerfällst. Mein Reichtum ist nicht von dieser Welt, meinen Reichtum kannst du, lieber Verführer, nicht antasten. Über meinen Reichtum hast du keine Macht. Mein Reichtum ist Gott allein! Wähle die Gottesfurcht!
Lieber Luther, eigentlich ist diese Geschichte einfach zu verstehen. Jesus steht in der Versuchung, wir stehen in der Versuchung, jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde. Wollen wir nicht, dass dessen wir gerade bedürfen, uns gereicht wird, dass wir, wenn wir fallen, aufgefangen werden, dass wir auf der Gewinnerseite des Lebens stehen? All das sind Versuchungen, unsere irdene Gewinn- und Verlustrechnung so günstig wie möglich zu gestalten. Njet, sagt Jesus, das Wort öffnet euch das Himmelreich, nicht die verführerischen Verlockungen dieser Welt. Das Njet, lieber Luther, sollte uns immer in den Ohren klicken, wenn wir auf dem hohen Berg stehen, und er uns gerade zu hoch ist. Wähle die Gottesfurcht!
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 15. Februar 2015

Pfarrer Latzel - Eine Mutmachgeschichte

Lieber Luther,
eigentlich dachte ich, ich würde heute mal wieder Zeit finden, über Grundlagen zu schreiben, da ich über den Predigttext von heute schon vor 2 Jahren geschrieben habe, über dasRosinenpicken. Das Thema ist aktueller denn je. Wieso? Obwohl mich die innerkirchlichen Streitigkeiten über Nichtigkeiten eher anöden und ich damit keine Zeit verschwende, bin ich über einen neuen Twitter-Follower über den Streit um den Bremer Pfarrer Olaf Latzel gestolpert. Zufall?
Also habe ich mich informiert. Gelesen, was so über ihn geschrieben wird, wie seine Kirche über ihn herfällt. Aber – vor allem – ich habe mir seine Predigt selbst angehört, Wort für Wort, auch die, über das Gleichnis vom Sämann. Und ich habe mir verwundert die Augen gerieben: Was geschieht hier? Es predigt hier einer, was in der Bibel steht und – anstatt dass sich seine Kirche vor ihn stellt – schlachtet sie ihn mit ab. Ja, sie schlachtet ihn, sie steht ihm nicht bei, sagt nicht, was dieser Mann predigt, ist was in der Bibel steht. Er ist nicht das erste Beispiel:Evangelische Kirche, quo vadis?
Ich gehe davon aus, dass die Mehrzahl derer, die über ihn her schmieren, die Predigt nicht gehört haben, sonst könnten sie keinen solchen Unsinn schreiben. Da ist von Hassprediger die Rede, von Volksverhetzung usw, es ist übelste Verleumdung am Werk. Herr Latzel hat in seiner Predigt ausdrücklich und nachdrücklich hervorgehoben, dass es die Pflicht eines Christenmenschen ist, seinen Nächsten zu lieben, ihm beizustehen, sich um ihn zu kümmern, egal welcher Religion er angehört. Wo ist da die Hasspredigt, die Hassbotschaft, die er angeblich verkündet?
Ist es Hassbotschaft, wenn er sagt, es gibt nur den EINEN Gott, es gibt den dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, Jesus, den Christus, so wie es in der Bibel steht? Was, wenn nicht das, soll ein evangelischer Pfarrer predigen? Folgt Jesus nach, hört das Wort, versucht es selbst mit dem Lesen der Bibel, macht euch euer eigenes Bild. Was kann ein evangelischer Pfarrer, für den sein Beruf Berufung und nicht Job ist, wie für die meisten dieser Zunft, anderes predigen?
Worüber kann man sich da empören?
Dass er sagt, wenn ich einen Knochen, das Grabestuch, eine Monstranz oder sonst eine Relique, Amulette, Wuduanhänger, Talismänner und was es sonst noch so gibt, anbete, ist das Götzendienst? Wenn ich zu Maria bete, anstatt zu Christus? Wo in der Bibel steht bitte, dass zu Maria zu beten ist? Jesus würde sicher nicht auf die Idee gekommen sein, das zu lehren. Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Das sind alles Hilfskonstrukte, wenn man streng ist, Götzendienst oder kirchlicher Machterhaltungsdienst, wenngleich ich das nicht so streng sehe. Alles, was hilft, auf Gottes Weg zu kommen, taugt, auch wenn es zunächst wie Fetisch aussieht. Manchmal braucht der Mensch etwas, um sich festzuhalten, damit er weiter gehen kann. Wieso das aber nicht Christus direkt ist, ist die Frage, der man sich stellen muss. Da sind sie wieder, die grundlegend unterschiedlichen Glaubensauffassungen zwischen katholischer und evangelischer Kirche. In Wahrheit ist es aber nicht der Glaube, der differiert, es ist die unterschiedliche Lehre.
Lieber Luther, auf dich bezieht sich die evangelisch-lutherische Kirche, aber sie erschrickt, wenn man heute ausspricht, was der Grund war, wieso es letztendlich zur Abspaltung von der katholischen Kirche kam. Sie erschrickt, wenn man ausspricht, dass sich seither nichts geändert hat. Sie erschrickt, wenn man zu ihren Grundpfeilern steht. Sie erschrickt, wenn man ausspricht, was du vor über 500 Jahren ausgesprochen hast, unter noch sehr viel mehr persönlichem Risiko als das, das heute Pfarrer Latzel eingeht, oder noch vorher Jesus. Wie falsch und heuchlerisch ist diese Kirche und ihre Vertreter und Vertreterinnen! Vertreten sie überhaupt etwas, was in der Schrift steht, oder sind sie nur verständnislos, blind, taub oder Bibel unbelesen? Wahrscheinlich eine Mischung aus allem zusammen.
Worüber kann man sich empören?
Dass Pfarrer Latzel sagt, wenn ihr Jesus neben eure Buddhas stellt oder in die Reihe der Hindu-Götter einreiht, seid ihr keine wahren Christen?
Dass er sagt, man muss für den EINEN Gott einstehen, auch wenn man dafür gesteinigt wird, sozial ausgegrenzt, als Hassprediger hingestellt wird?
Zu hart? Nein, das passiert gerade mit ihm, ein Kesseltreiben, das frappierend an die Kesseltreiben der Herrschenden und des Pöbels erinnert, denen fast alle Prediger, die es gewagt haben, das Scheinmäntelchen zu lüften, ausgesetzt waren. In der Bibel sind sie mannigfach dokumentiert, bei Jesus hat es zum Tod geführt, manche sind auf dem Scheiterhaufen gelandet. Heute hetzt einen die Internetmeute zu Tode.
Wer sind hier eigentlich die Hassprediger? Herr Latzel mit absoluter Sicherheit nicht. Es sind alle Schreiberlinge, denen es nicht um den Glauben geht, von denen die meisten keine Ahnung haben, von was Herr Latzel überhaupt spricht, die seine Predigt absichtlich verdrehen, so, dass es in ihre Argumentationskette passt, die ihrer eigenen Profitmaximierungslogik folgt. Es geht um Auflage, um Sensationsmache, um Aufmerksamkeit im Internetkampf um die Klicks und die Werbekohle. That's it. Das Bekenntnis zum EINEN Gott ist all diesen Menschen völlig Humpe. Es geht nicht darum, was Pfarrer Ltzel gesagt hat, sondern wie sie das für ihre Zwecke ausschlachten können.
Es geht um Politik, auch um Kirchenpolitik. Um was es am wenigsten geht, ist das, um was es Herrn Latzel geht: um die Verkündigung des Wortes, um die Nachfolge Jesu, für die er kämpft und sich – hoffentlich – nicht einschüchtern und mundtot machen lässt. Seiner Kirche wäre das am liebsten. Ihre Vertreter sind es nicht gewöhnt, für Jesus, die Schrift und das Wort in die Bresche zu springen, das Gesicht und die ganze Person für das in den Wind zu halten, für das sie ihre monatliche Kohle bekommen, so wie das Herr Latzel tut. Kirchenbeamtentum hat nicht nötig für das einzustehen, was auf dem Werbebanner steht. Sie drehen sich, wie die Wetterfahne im Wind, springen mehr den diversen Erwartungshaltungen und Talkshow-Wetterlagen hinterher: Nur nicht anecken. Und wenn wir Jesus, das Wort und die Schrift dabei verlieren – macht nichts, wir können sowieso nicht viel damit anfangen, genauso wenig wie mit dem Lutherjubiläum, alles schwer zu vermitteln heutzutage. Bauen wir doch unser eigenes wetterwendiges weichgespültes Gottesgerüst, wer weiß es schon besser? Das ist Abgötterei! Herr Latzel hat völlig recht.
War Jesus political correct als er über die Pharisäer herzog und das Unwesen, das sich eingeschlichen hatte wie der Dieb bei Nacht, war er angepasst? War Gideon political correct als er nachts die Götzentempel niederriss? Er erscheint in der Bibel, weil er in der Nachfolge konsequent war, beispielhaft, lehrhaft, trotz der vorherzusehenden persönlichen Nachteile. Wäre Jesus je gehört worden, wenn er diplomatisch und political correct gepredigt hätte? Die evangelische Kirche steht nicht zu Jesus, nicht zu Gott – Herr Latzel hat auch hier recht: Wer wagt von diesen Kirchenvertretern in einer Talk Show noch das Wort Jesus in den Mund zu nehmen? Sie folgen dem politischen Mainstream, den sozialen Erwartungen, dem sozialen Druck, aber nicht dem Wort und nicht Jesus.
Lieber Luther, den Medienvertretern und -tätern kann man das noch nachsehen, sie wissen es nicht besser und wenn es arglistig ist, was sie tun, wird auch das kurze Beine haben. Da bin ich voll Vertrauen. An die Kirchenvertreter muss man einen strengeren Maßstab anlegen. Wie scheinheilig bereiten sie, lieber Luther, dein Jubliäum vor, reden von Lutherdekade: Sie haben auch nach 500 Jahren noch nicht begriffen, um was es dir eigentlich ging, wieso sie eigentlich evangelisch und nicht katholisch oder buddhistisch oder hinduistisch oder jüdisch oder Moslime sind. Sie schämen sich deiner und wollen nicht für das einstehen, für das du gekämpft hast. Sie haben nicht kapiert, dass du dich auf das Wort zurückgezogen hast, dass für dich nur das Wort gegolten hat, ohne Rücksicht auf Politik oder Political Correctness, scheuen sich aber nicht, "Am Anfang war das Wort" auf ihre Lutherdekadenfeierfähnchen zu schreiben. Für dich hat nur das Wort gezählt und dafür bist du mit allen Konsequenzen eingestanden. Deshalb bist du für viele, die jetzt dein Jubiläum zelebrieren sollen, eher peinlich. So wie Pfarrer Latzel. Sie merken nicht, dass die eigentlich Peinlichen eigentlich sie selbst sind. Sie, die Gott im Mund führen, Jesus am liebsten verschweigen und für nichts eintreten, am wenigsten für das Wort, so wie es in der Bibel steht. Diese Kirche mit solchen Vertretern ist dem Untergang geweiht und das mit Recht. Sie ist nur noch ein leeres Gebäude, ein lahmer Kleppergaul, dem jegliche inhaltliche Substanz fehlt und auch jedes Zutrauen zum eigenen Glauben.
Lieber Luther, Gott ist mit denen, die für sein Wort einstehen. So wie Pfarrer Latzel. Es gibt nur wenige von der Sorte, aber dass er Schlagzeilen macht, ist – so paradox es klingt und wie persönlich schwer es für ihn sein mag - ein Hoffnungsschimmer. Denn, lieber Luther, er hat geschafft, was der ganzen Kirchenprominenz – abgesehen vom Götzen-Dienst an der eigenen Eitelkeit – nicht gelungen ist: Er hat geschafft, dass über den evangelischen Glauben in der Öffentlichkeit diskutiert wird, dass er plötzlich wieder ein Thema ist. Es bleibt zu hoffen, dass es eine Glaubensdiskussion wird, eine Diskussion, ein Ringen um das Wort, kein Religionskrieg, den die Schreiberlinge schon ausgerufen haben. Es sind die schreibenden Täter, die Pfarrer Latzels Predigt zu einer Hasspredigt machen, sie sind die Hassprediger, die Sturm säen. Die Intention und das, was wirklich von Pfarrer Latzel gesagt wurde, hat mit dem, was jetzt daraus gemacht wird, rein nichts zu tun. Die Predigten von Pfarrer Latzel hätte auch ich halten können. Es geht nicht um Kirche, es geht nicht um Politik, es geht schon gar nicht um Hasspredigten, es geht um Gottes Wort allein! Pfarrer wie Olaf Latzel ermutigen mich, weil ich plötzlich weiß, ich stehe nicht allein, wo mich – und nicht nur mich - die evangelische Kirche seit Jahrzehnten, alleine lässt. Ohne Pfarrer Latzel hätte ich das bis jetzt nicht gewusst. Für mich ist er eine Mutmachgeschichte! Endlich mal ein Pfarrer der Farbe bekennt! Endlich ein Pfarrer der die Bibel im Zusammenhang versteht! Es höre sich jeder, bevor er anfängt zu hetzen, seine Predigten Wort für Wort an, sie sind auf Youtube zugänglich:
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 8. Februar 2015

Säen und Ernten

Lieber Luther,
Mariä Lichtmeß, der 2. Februar, ist vorbei und damit definitiv auch die Weihnachtszeit, 40 Tage nach Weihnachten. Früher hieß Maria Lichtmeß: Der Winterruhe ist vorbei, die Feldarbeit beginnt wieder, ausgefeiert, es muss wieder in die Hände gespuckt werden. Das Licht, die Sonne steigt, das Licht, das die Heiden erleuchten soll (Lk 2, 32). Jesu Licht im Jahreskreislauf: Es wird geboren, steigt, fällt, steigt in anderer Gestalt. Und das Ganze wieder von vorn an Weihnachten. Ein Kreislauf von Geburt – Leben – Fallen – Neues Leben, Jesu Lebenskreislauf, der Jahreskreislauf des Wortes, der Natur, des Menschen. Geboren werden – Leben - Sterben – Neues Leben. Die Natur der Natur Gottes. Das Wort wird geboren, gesät, fällt an den Weg, auf felsigen Boden, zwischen Dornengestrüpp oder auch auf gutes Land. Damit sind wir beim Predigttext dieser Woche (Lk 8, 5-15).
Säen, Wachsen, Ernten. Es ging ein Sämann aus, seinen Samen zu säen, in der Hoffnung, dass er auf guten, fruchtbaren Boden fällt, dass kein Körnchen verloren geht, sondern die Saat wächst und gedeiht, genährt von fruchtbarem Boden, frischem Wasser, tief verwurzelt und mit Raum zum Wachsen, beschienen von der Sonne bis zur Zeit der Ernte. Lieber Luther, die Natur macht vor, wie es geht. Deshalb griff Jesus sehr oft zu Gleichnissen aus der Natur. In der Natur erkennen wir Gottes Natur. Natur ist Leben, Gottes Wort zeigt den Weg zum Leben.
Das Gleichnis vom Sämann ist eines der wenigen, das in drei Evangelien vorkommt, weil es einfach ist und anschaulich erklärt, was Jesu Botschaft ist, um was es geht (Mt 13, 19-32; Mk 4, 3-20). Das Leben der Natur kennt jeder. Also müsste das Gleichnis auch von jedem verstanden werden, auch die Botschaft dahinter. Das ist aber nicht der Fall, da es die Natur der Natur ist, dass nicht immer alles glatt läuft. Die Wechselfälle des Wetters verhageln manchmal die Ernte. Es kann aber auch schon bei der Saat anfangen. Wer auf den Wind achtet, der sät nicht; und wer auf die Wolken sieht, der erntet nicht (Pred 11,4).
Jesus und vor ihm schon die heiligen Menschen und Propheten und in seiner Nachfolge noch viele weitere, haben Gottes Wort vielfältig gesät, immer wieder in andere Bilder gepackt, sich den Mund fusselig geredet. Wort wird erst zum Wort durch Menschen, die es verkünden und durch Menschen, die es aufnehmen. Das Wort ist die Saat, die in uns gesät ist, wir zertrampeln die Botschaft achtlos auf unserem Weg, leben sie oberflächlich, nicht belastbar, haben eine Gottes-Schönwettererwartung, die bei der ersten Wolke zusammenbricht. Wir ersticken das Wort, indem wir es durch unsere banalen Alltagssorgen überwuchern lassen und uns durch irdische Güter, Reichtum, Ruhm, Schönheit, Wohlfahrt und Wohlstand selbst ersticken, nicht die Kraft haben, die Dornen und das Gestrüpp zurückzuschneiden, unter Kontrolle zu bringen und unter Kontrolle zu halten. Wir merken nicht einmal, dass wir uns selbst ersticken oder schieben es anderen oder gar Gott in die Schuhe. Weit gefehlt.
Wir haben es selbst in der Hand, wie wir unseren Acker bestellen. Wie Aasgeier fallen die bekennenden Nichtgläubigen über die Schein-Gläubigen her oder auch umgekehrt, achtlos jedes Wort zertrampelnd. Beide sind in diesem Tun fruchtlos und zerstörerisch, nur böse Saat geht auf. Sie werden sich gegenseitig zertrampeln und auffressen: Mein Erbe ist wie ein bunter Vogel, um welchen sich andere bunte Vögel sammeln, allesamt schiefe Vögel, die meinen Acker zertreten und meine Saat auffressen; sie haben meinen schönen Acker zur Wüste, zur Öde gemacht, aber niemand will es sich zu Herzen nehmen (Jer 12,8-11).
Auch die Lebens-Wetter abhängigen bringen am Ende keine Frucht, da sie nicht tief genug in Gott verwurzelt sind. Jedes Lüftchen oder Wölkchen lässt sie zweifeln, nicht zu sprechen vom Sturm, der Anfechtung. Gottes Wort wird nur hoch gehalten, solange es einem gut geht und nach dem eigenen Kopf. Wehe Gott, wenn mein Leben sich wendet, dann kündige ich meine Freundschaft mit dir auf. Oder auch umgekehrt: Gott wird nur angefleht und angebetet, wenn es einem schlecht geht, man im Elend und der Finsternis ist. Sobald wieder eine andere glänzende Sonne, eine Liebe, eine vermeintliches Glück oder einfach bequemes Wohlergehen aufgeht, schmilzt Gott in ihnen wie ein Schneemann in der falschen Sonne. Keine Substanz. Vielmehr als ein selbstgebauter Schneemann ist Gott, ist sein Wort und seine Botschaft, in diesen Fällen auch nicht. Die Saat hat sich zum Flachwurzler entwickelt, Flachpfeifen, die nicht begreifen, dass man zum Leben lebendiges Wasser braucht, das nur aus der Tiefe zu gewinnen ist. Sie merken gar nicht, wie sie langsam im Schein ihrer falschen Sonnen verdursten und verwelken. Sie geben dem Samen keinerlei Chance zu gedeihen: … und werden wie das Feldgras und wie das grüne Kraut, wie Gras auf den Dächern, welches verdorrt, ehe es denn reif wird (Jes 37, 27).
Und etliches vom Samen viel unter die Dornen und die Dornen gingen auf und erstickten die Saat. Das Lebensgestrüpp überwuchert das Wort und die gute Botschaft. Sie hat keine Chance, bekommt nicht genügend Platz und Raum, sich zu entfalten. Alles andere ist wichtiger. Und am Ende flechten wir noch aus unserem Dornengestrüpp, in dem wir uns verfangen haben, eine Dornenkrone und drücken sie dem Sämann auf das Haupt, behauptend, der eigene Same sei damit aufgegangen, fruchtbar gewesen und werde in Gottes Scheuer gefahren. Welch ein Unsinn. Mit Jesu Lehre oder dem, was bei den Propheten steht, hat das nichts zu tun:
Denn es soll zu der Zeit geschehen, dass die Propheten mit Schanden bestehen mit ihren Gesichten, wenn sie weissagen; und sollen nicht mehr einen härenen Mantel anziehen, damit sie betrügen; sondern er wird müssen sagen: Ich bin kein Prophet, sondern ein Ackermann; denn ich habe Menschen gedient von meiner Jugend auf. So man aber sagen wird zu ihm: Was sind das für Wunden in deinen Händen? wird er sagen: So bin ich geschlagen im Hause derer, die mich lieben (Sach 13, 4-6).
Sie säen Weizen und werden Disteln ernten (Jer 12, 13): Denn das Kalb ist aus Israel hergekommen, und ein Werkmann hat's gemacht, und es kann ja kein Gott sein; es wird zerpulvert werden. Denn sie säen Wind und werden Ungewitter ernten; ihre Saat soll nicht aufkommen und ihr Gewächs soll kein Mehl geben; und ob's geben würde, sollen's doch Fremde fressen (Hos 8, 6-7). Genau so ist es gekommen! Pflügt ein Neues und sät nicht unter die Hecken (Jer 4, 3), damit ihr ein guter Acker werdet! Gebt Acht, begebt auch nicht auf den falschen Acker, lasst euch nicht böse Saat für gute verkaufen!
Der Menschen Sohn ist es, Jesus, der den Guten Samen sät. Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die Kinder in Gottes Reich. Das Unkraut sind die Kinder der Bosheit. Der Feind, der sie sät, ist das Böse. Die Ernte aber ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel. Gleichwie man das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird's auch am Ende dieser Welt gehen: des Menschen Sohn wird seine Engel senden; und sie werden sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse und die da unrecht tun, und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird sein Heulen und Zähneklappen (Mt. 13, 37-42; Jak 5, 1-7). Und die sieben Engel mit den sieben Posaunen rüsten sich zu posaunen (Offb 8, 6).
Die Zeit der Ernte wird kommen, ist schon da: Saget ihr nicht: Es sind noch vier Monate, so kommt die Ernte? Siehe, ich sage euch: Hebet eure Augen auf und sehet in das Feld; denn es ist schon weiß zur Ernte. Und wer da schneidet, der empfängt Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben, auf dass sich miteinander freuen, der da sät und der da schneidet. Denn hier ist der Spruch wahr: Dieser sät, der andere schneidet. Ich habe euch gesandt, zu schneiden, was ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet und ihr seid in ihre Arbeit gekommen (Joh 4, 32-38). Das Feld ist schon weiß zur Ernte, das weiße Kleid liegt bereit. Wir müssen es nur anziehen wollen.
Der gute Acker trägt Frucht, der gute Same geht auf, wenn auch nicht jeder Same gleichermaßen, mancher 100fältig, mancher 60fältig, mancher 30fältig (Mt 13, 23; Mk 4, 8). Man kann das verstehen wie beim Gleichnis von den tüchtigen und dem nutzlosen Knecht (Mt 25, 14-30). Jeder hat unterschiedliche Gaben, von jedem wird nur soviel Frucht verlangt, wie in seinem Vermögen steht. Nur gar keine Frucht bringen, bringt am Ende gar nichts ein, da bleibt jede Scheuer leer. Denn siehe, ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und ist geduldig darüber, bis er empfange den Frühregen und den Spätregen (Jak 5, 7).
Lieber Luther, ich könnte noch viel anreihen, aber es ist spät. Wer sät heute? Was heute wohl wieder von den Kanzeln kommt, guter oder schlechter Same? Mich kümmert das nicht. Das Himmelreich ist, als wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft, mag er noch so klein wie einSenfkorn sein, und wächst und gedeiht, so dass auch die Vögel unter der Sonne unter seinen Zweigen Schutz finden (Mk 4, 31-33). Jeder Mensch kann ein fruchtbarer Acker sein, Gottes Wort in sich Raum zum Wachsen geben und aus der Frucht säen, damit sie sich vermehrt. Jeder kann das, jeder kann ein guter Acker sein, wenn er will. Deshalb auf, lieber Luther, in die Hände gespuckt und den Acker bestellt. Maria Lichtmeß ist vorbei. Von nichts kommt nichts!
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 1. Februar 2015

Erste und Letzte - Groschen gefallen?

Lieber Luther,
die Letzten werden Erste sein und die Ersten Letzte. Darum geht es im Predigttext dieser Woche (Mt 20, 1- 16). Man hört quasi die Gutmenschen erschrecken.
Diejenigen, die denken, sie seien die Ersten. Die Ersten an der Macht, die selbsternannten Könige dieser Welt, die Religions- und Glaubenseifrigen, die Kirchenersten, diejenigen, mit vermeintlich selbstlosem Helfersyndrom. Alles umsonst? Kein Verdienst, keine Besserstellung? Keine Belohnung? Im Gegenteil, ich, der Gute, werde am Ende noch hintangestellt: Die Letzten werden die Ersten sein, die Ersten die Letzten. Verkehrte Welt also, nach der menschlichen Logik der eigenen Profitmaximierung, ob zugegeben oder nicht. Die gottlosen Ausbeuter, diejenigen, die die anderen treten, schlagen, töten, verelenden brauchen nur eine Stunde vor Torschluss noch auf den Zug aufspringen und sind sofort wieder diejenigen, die wieder auf der Gewinnerseite sind? Meinst du das wirklich so, lieber Gott? Ist das gerecht? Das menschliche Ego verweigert sich dem, empfindet es als Zumutung, gekränkte Eitelkeit, enttäuschtes persönliches Gerechtigkeitsempfinden. Innere Rebellion.
Was ist der Zusammenhang? Gleich in einer Reihe von Gleichnissen wird im Matthäusevangelium versucht, den Groschen zum Fallen zu bringen. In Mt 19, 30 steht diese Botschaft, die als Zumutung empfunden wird, schon einmal, etwas anders formuliert: Aber viele, die da sind die Ersten, werden die Letzten, und die Letzten werden die Ersten sein. Genau darin besteht die Hoffnung, die Hoffnung, zu den Letzten zu gehören: Wahrlich ich sage euch, sagt Jesus, ihr, die ihr mir nachfolgt, werdet, wenn ihr in das neue Leben geboren werdet, mit des Menschen Sohn auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit sitzen. Wer Häuser, Brüder, Schwestern, Vater oder Mutter, Frau oder Kinder, all sein Habe verlässt, um meines Namens willen, der wird es hundertfältig nehmen und das ewige Leben ererben (Mt 19, 28-29). Lot und seine Frau lassen grüßen. Kapiert und nicht kapiert. Es geht um bedingungslose Nachfolge, darum, dass man Gott alleine folgt und sich nicht an Menschen und irdische Güter klammert. Es geht um Gottvertrauen, es geht darum, das alte gewinnstrebende Leben zu lassen und das neue Leben zu gewinnen.
Vater, Mutter, Frau und Kinder zugunsten der Nachfolge zu verlassen – bei Lukas heißt es gar hassen – da schluckt der ein oder andere, weil er denkt, das ist nicht möglich, weil er ist, wie der reiche Mann im Gleichnis vorher, der alle Gebote hält, aber seinen irdischen Güter höhere Priorität einräumt als der Nachfolge Jesu (Mt 19, 16-23). Oder im Gleichnis von der Ehescheidung, das wörtlich genommen wird, obwohl Jesus sagt: Das Wort fasst nicht jedermann, sondern denen es gegeben ist. Und nochmals mit Ausrufezeichen: Wer es fassen kann, der fasse es! Mt 19, 3-12).
Aber, vergebliche Liebesmühe. Gefasst wird es, aber falsch. Eine banale irdische Ehescheidung zu erfassen bedarf es keines höheren oder tieferen Verständnisses seit es Mann und Frau gibt. Der Groschen ist nicht gefallen, bis auf den heutigen Tag. Deshalb also ein weiterer Anlauf Jesu das Einfache in einem weiteren Bild begreiflich zu machen:
Das Himmelreich ist gleich einem Hausvater, der Arbeiter gewinnen will, um in seinem Weinberg zu arbeiten. Nur wenn man einen Weinberg pflegt, bringt er auch Frucht. In Gottes Weinberg zu arbeiten, heißt mitzuhelfen, dass die Frucht an Gottes Weinstock auch gedeihen kann. Mitzuhelfen heißt, das geht aus dem Gleichnis Mt 19, 28-29 hervor, Jesus nachzufolgen, Gottes Wort zu dienen, den ewigen Bund mit ihm zu halten, keine Hurerei zu betreiben mit anderen Göttern (Mt 19, 3-12), den irdischen Gütern keine Priorität einzuräumen, wie der reiche Mann, der seine irdischen Gütern der Nachfolge vorzieht (Mt 19, 16-23).
Morgens, mittags, nachmittags versucht der Hausvater, der das himmlische Haus bewohnt, Menschen für die Arbeit in seinem Weinberg zu verpflichten. Irdische Reichtümer sind nicht zu gewinnen: Ein Groschen ist der symbolische Lohn. Bis kurz vor Sonnenuntergang, der elften Stunde, versucht der Hausvater, Arbeiter in seinem Weinberg zu sammeln. Und er hat Erfolg. Wieso steht ihr so nutzlos herum, fragt der Hausvater diejenigen, die er findet: Es hat uns niemand gedingt, sagen sie.
Es hat und niemand gedingt. Diese Antwort bricht einem fasst das Herz: Es hat sie niemand geworben für die Arbeit in Gottes Weinberg. Niemand war da, der sie auf Gottes Acker
hingewiesen hat, der ihnen erzählt hat, dass es da etwas zu tun und zu gewinnen gibt. Ihr armen Leute, denkt man, und möchte sie entschuldigend in die Arme nehmen, es tut mir Leid, dass ich säumig war und euch so lange warten ließ. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn kommt mir in den Sinn. Es ist das gleiche gemeint. Gott freut sich über jeden, der doch noch in seinen Weinberg gefunden hat, sei es früher oder später. Was zählt, ist: Ich folge dir nach und freue mich über den gerechten Lohn, den ich von dir empfangen werde.
Was ist aber der Lohn? Ein Groschen? Für alle gleichermaßen? Auch für diejenigen, die kurz vor Sonnenuntergang kommen? Bei vielen Arbeitern in Gottes Garten ist der Groschen nicht gefallen. Sie haben zwar brav in Gottes Weinberg gearbeitet, aber bitteschön, lieber Gott, dann will ich entsprechend belohnt werden, und besser als diejenigen, die einen Bruchteil der Mühsal für dich auf sich genommen haben. Gott wird die Rechnung für die Arbeit in seinem Acker präsentiert. Die Erwartungshaltung ist beträchtlich, der Neid auch. Wie hieß es doch gleich: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Sieht so Nächstenliebe aus? Deshalb heißt es: Viele sind berufen, aber wenige auserwählt. Es sind noch ein paar Hochzeitsgäste da, die keine Festtagskleider an haben. Zum schönen Schein arbeiten reicht nicht. Das Prinzip muss den ganzen Menschen durchdringen, Leib und Seele. Und wieder hört man Jesus seufzen: Sie haben es immer noch nicht kapiert.
Ihr habt nicht kapiert, dass euer aller Lebenstag einmal zu Ende geht und dass der Lohn, den es zu gewinnen gibt, das Neue Leben ist, in meinem Weinberg, in meiner Stadt, im neuen Jerusalem, in meinem Haus. Ihr habt Zeit, bis eure Sonne untergeht, ich gebe euch viele Chancen und Möglichkeiten, bis zuletzt. Ihr könnt euch für den Weinberg entscheiden oder die Dunkelheit, die Finsternis. Wenn eure Lebenssonne untergegangen ist und ihr eure Chance nicht genutzt habt, habt ihr das Neue Leben verspielt. EINEN Groschen könnt ihr gewinnen, EINEN, den EINEN, das EINS sein mit dem EINEN, keine irdischen Reichtümer, den EINEN Himmel könnt ihr gewinnen, den Stuhl der Herrlichkeit. Bist du nicht mit mir EINS geworden für nur einen Groschen? Oder bist du etwa ein falscher 50iger?
Eifersucht und Neid sind falsch am Platz. Der Hausherr sagt: Ich gebe euch was recht ist. Auf meine Gerechtigkeit kann jeder zählen. Das ist die Währung, auf die ihr setzen müsst. Was rechtet ihr mit mir? Ich übe Gerechtigkeit. Meint ihr, dass Gerechtigkeit ist, ungleich gerecht zu sein? Einer bekommt mehr Gerechtigkeit, mehr Groschen, als die anderen? Ihr schaut mich unwirsch an, weil ich gerecht und gütig bin?
Und wieder hört man Gott seufzen: Ihr habt es immer noch nicht kapiert, was wichtig ist. Der eine Groschen steht für die eine Gerechtigkeit, die Gott allen gleichermaßen zukommen lässt. Gottes Maßband misst alle nach der gleichen Skala. Das ewige Leben, das neue Leben nach Sonnenuntergang, am Ende der Zeit, kennt keinen Unterschied: Entweder du entscheidest dich für den Himmel oder für das ewige Nichts. Jeder, wirklich jeder, ist willkommen. Bis zur allerletzten Stunde ist die Tür zu meinem Weinberg offen, habt ihr die Möglichkeit zu den Letzten zu gehören. Die Letzten sind aber diejenigen, die im Neuen Leben ankommen, im Himmelreich, in Gottes Reich. Diejenigen, die vor mir Erste, Erstlinge sind, Erstlinge in der Nachfolge des Ersten – Jesus -, die werden auch am Ende die Letzten sein, das heißt die Übriggebliebenen, die im Neuen Leben ankommen, im Neuen Jerusalem.
Lieber Luther, die Ersten werden Letzte, Übriggebliebene, sein, und die Letzten diejenigen, die zu Gottes Ersten gezählt haben. Das heißt, dass, wer Gott im irdischen Leben hat, der hat ihn im fleischlichen Sterben und im Erwachen im Neuen Leben. Wahrlich, sagt Jesus, wer mir nachfolgt, wird das ewige Leben ererben. Meine Ersten werden meine Letzten sein. Lieber Luther, hoffen wir, dass der irdische Groschen für immer fallen wird.
Herzliche Grüße
Deborrah