Lieber Luther,
es hätte mich gewundert, wenn ich über den Predigttext vom heutigen Sonntag, Mt 4, 1-11, nicht schon einmal geschrieben hätte, habe ich ihn doch schon viele Male gelesen. Was ich vor zwei Jahren geschrieben habe, kann ich so stehen lassen.
Trotzdem will ich etwas hinzufügen. Von der Penetranz Jesu, von seinem Bestehen auf dem Wort und dem, was in der Schrift steht. Was immer die Versuchung ist: Gott allein, antwortet Jesus. Gott allein zählt, er ist meine Referenz, er ist meine Herausforderung, nicht du, du dümmlicher Versucher, der du denkst, ich könnte mich in der Niedrigkeit der Welt verlieren.
Bist du Gottes Sohn, so lass dich hinab. Eben nicht! Was denkt der Versucher sich, wie dumm ich bin, muss Jesus gedacht haben. Warum soll ich mich, als Kind Gottes, in die Niederungen dieser Welt hinablassen? Ich habe mich wohl dorthin begeben, das bedingt mein Menschsein, aber es bedeutet nicht, dass ich mich in die Niederungen der Verführten hinablasse, mich einlasse auf deren Spiel. Ich spiele nicht nach ihren Spielregeln, meine Spielregeln bestimmt Gott allein. Lieber Verführer, ich durchschaue dich und du kannst mich nicht mit deinen durchsichtigen Spielchen ins Wanken bringen. Gott allein, die Schrift ist es, der ich folge, nicht deinen billigen Versprechungen, von denen du genau weißt, dass sie mich ins Unglück treiben. Du zählst auf meine Dummheit, aber auf mich kannst du nicht zählen, such dir einen anderen Dummen.
Du, lieber Verführer, bist in der Welt, seid es Menschen gibt. Der Mensch ist verführbar. Adam und Eva, die ersten Menschen, der Mensch von Anbeginn, ist auf dich hereingefallen. Aber Gott hat Menschen erweckt, die es besser wissen als du, die dir die Maske vom Gesicht reißen, denen du wohl das Fleisch und das irdene Dasein zerstören kannst, wie an Hiob gezeigt, aber nicht den Geist. Dem Geist Hiobs, der in Gott ruhte, trotz aller Anfechtung, hast du nichts anhaben können. Es ist das Böse in der Welt, du, die Verführung, ist in der Welt. Sie tritt auf in Form von allerlei "Ich will", "Ich möchte", "Warum nicht ich, warum die anderen", in Form von "ich kann nicht lassen". Die Verführung ist allgegenwärtig, täglich, stündlich, sekündlich.
Wie reagieren wir auf die Verführungskünste des Egos, und es ist nichts als das Ego, das uns vom rechten Pfad abbringt, uns in unserem fleischlichen Sein überleben lassen will, uns vom Pfad, den uns unser Innerstes weist, abbringen lässt, uns auf den Irrweg führt, dem wir folgen, mit mehr oder minder schlechtem Gewissen, mit mehr oder weniger Ablenkung und Selbstbetrug, in Pseudo-spirituellen Wegen, die nichts anderes sind als Selbstverführung auf den falschen Weg, Ablenkung – auch wenn es nach dem Gegenteil aussieht – auf den Weg der Verführung. Ablenkung von der ungeschminkten Wirklichkeit in uns selbst, Selbsttäuschung, Selbstverführung – Selbstverirrung.
Der Versucher steht auf der Zinne des Gotteshauses, des Tempels, der angeblichen Wohnung Gottes. Doch ist es tatsächlich die Wohnung Gottes? Steht der Verführer auf der Zinne der Wohnung Gottes? Wohl nicht. Alles Menschengebäude, das angebliche Gotteshaus ist tatsächlich nicht Gottes Wohnung, es ist nur Gottes Wohnung wie Mensch es behauptet und sich gebaut hat. In Gottes tatsächliche Wohnung kommt der Verführer nicht. Jesus sagt über den Verführer im Gotteshaus: Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen! Lass dich hinab, sagt der Verführer, die Engel Gottes werden dich trotzdem in den Himmel tragen. Mitnichten sagt Jesus, auf diese Propaganda fall ich nicht rein: "Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen. Deshalb: Kannst du dich getrost in Sünden fallen lassen, wenn du dich an dem Sündenstein stößt, wird Gott dir vergeben, wie es im Gotteshaus gelehrt wird? Gott wird seinen Engeln befehlen, dich trotzdem auf Händen zu tragen? Mitnichten sagt Jesus: Auf diese Propaganda fall ich nicht rein. Du sollst den HERRN, deinen Gott nicht versuchen. DU, sollst es nicht, tue es nicht, lass dich nicht verführen, was immer die Verführung sagt. Wähle die Gottesfurcht!
Ich habe gerade gelesen: Gott will die Sünden abtun, aber den Sündern vergibt er. Dies hieße, er sieht darüber hinweg, dass du dich in die Tiefe stürzt und fängt dich auf, wenn du so dumm oder so schwach bist, der Verführung zu folgen. Mitnichten sagt Jesus. Steht so fest, wie ich stehe! Folgt mir darin! Deshalb steht diese Geschichte in der Bibel. Mitnichten! Werft euch nicht hinab in die Verführung, in die Sünden: Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen. Du sollst nicht auf ihn bauen, dass er, wenn du im Bewusstsein des Bösen das Böse wählst, seine Engel schickt, um dich im freien Fall aufzufangen. Nein, so geht es nicht. Tut es nicht! sagt Jesus uns mit dieser Geschichte. Wähle die Gottesfurcht!
Der Teufel geht mit Jesus auf einen sehr hohen Berg, auf einen zu hohen Berg für den Verführer. Um das Bild in Erinnerung zu rufen – Gott wohnt in der Höhe, Jesus steht auf diesem hohen Berg und er wankt nicht, er ist verankert in diesen hohen Berg. Dort, wo Gott wohnt und Jesus steht, ist für den Verführer kein Platz, er hat keine Chance. Was immer er tut, was immer er verspricht, es ist durchsichtig, dass es nur dazu dient, mit falschen Versprechungen ins Verderben zu locken. Wähle die Gottesfurcht!
Ich soll mich die Stadtmauer hinabstürzen? fragt Jesus. Jeder Körper zerschellt, wenn er das tut. Fleisch ist etwas, was Gott nicht interessiert, ihn interessiert allein das, was bleibt, der Geist, die Seele, die innere Einstellung. Wieso sollte ich mich in die Tiefe stürzen? Du befindest dich, lieber Verführer, auf der falschen Veranstaltung, du hast die falschen Gäste eingeladen, mit deiner billigen Masche kannst du bei mir keinen Blumentopf gewinnen. Du bietest mir Reichtümer, die nichts als Tand sind, die zerfallen, so wie du zerfällst. Mein Reichtum ist nicht von dieser Welt, meinen Reichtum kannst du, lieber Verführer, nicht antasten. Über meinen Reichtum hast du keine Macht. Mein Reichtum ist Gott allein! Wähle die Gottesfurcht!
Lieber Luther, eigentlich ist diese Geschichte einfach zu verstehen. Jesus steht in der Versuchung, wir stehen in der Versuchung, jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde. Wollen wir nicht, dass dessen wir gerade bedürfen, uns gereicht wird, dass wir, wenn wir fallen, aufgefangen werden, dass wir auf der Gewinnerseite des Lebens stehen? All das sind Versuchungen, unsere irdene Gewinn- und Verlustrechnung so günstig wie möglich zu gestalten. Njet, sagt Jesus, das Wort öffnet euch das Himmelreich, nicht die verführerischen Verlockungen dieser Welt. Das Njet, lieber Luther, sollte uns immer in den Ohren klicken, wenn wir auf dem hohen Berg stehen, und er uns gerade zu hoch ist. Wähle die Gottesfurcht!
Herzliche Grüße
Deborrah
Deborrah