Lieber Luther,
wir machen es uns gerne bequem. Auf den ersten Blick ist die Geschichte vom Manna in der Wüste, der Predigttext für den kommenden Sonntag, eine Geschichte, die zu falschen Schlüssen verführt. Sie könnte dazu verführen es sich einfach zu machen in der Botschaft, Botschaft wie immer: Gott sorgt in der Not für einen, er lässt uns nicht verhungern. Business as usual, Predigt drüber und abhaken. Sollten wir es uns wirklich so einfach machen.
Um was geht es?
Um was geht es?
Das Volk Israel ist aus Ägypten unter Führung von Mose und Aaron aufgebrochen, um in das Land zu ziehen, in dem Milch und Honig fließt. Die Bedingungen, um in dieses Land zu kommen, sind hart: Hunger, Durst, Missgunst, Neid. Das Volk, das in dieses Land unterwegs ist, ist allen menschlichen Anfechtungen ausgesetzt, die damals wie heute unverändert sind. Der Verführer lauert an jeder Ecke. Das verführte Volk murrt und lehnt sich gegen ihre Anführer auf. Es hat die Not und die Unterdrückung, unter der es gestöhnt hat, verdrängt, und denkt nur noch an die gefüllten Fleischtöpfe, an das leibliche Wohlbefinden. Der Bauch ist ihm näher als die Freiheit. Es unterwirft sich lieber selbst sklavisch den Wohlstandsgöttern, als sich von ihnen unter Aufgabe der Bequemlichkeit zu befreien. Alltag auch heute noch.
Mose wächst das alles über den Kopf und so wendet er sich in seiner Not an Gott und will ihm den Bettel hinschmeißen: Ich habe dieses Volk nicht geboren, wieso hast du mir die Last aufgebürdet, sie ist mir auf die Dauer zu schwer, ich kann dieses Volk nicht mehr tragen und nicht mehr ertragen. Die Situation droht zu eskalieren. Gott muss handeln und so schickt er Wachteln und Manna, um den Hunger zu sättigen, das Volk zu beruhigen. Er gibt auch Verhaltensregeln: Nehmt nur so viel, wie ihr braucht. Natürlich hält sich das Volk nicht daran, sammelt, auch wenn es nicht sammeln soll, weil es bereits genug hat. Die Gier siegt (2.Mose 16).
Man könnte sagen: Gott hat seine Gnade in der Not erwiesen. Aber, so ist es nicht. Die Botschaft der Geschichte ist eine ganz andere. Sie wird in zwei weiteren Mosebüchern erneut aufgenommen und näher erklärt, was von ihrer Wichtigkeit zeugt (4.Mose 11, 5.Mose 8). Es geht um den Unglauben, das Murren des Volkes, das mangelnde Gottvertrauen, darum, dass sie sich beklagen, dass er sie aus der Knechtschaft führt. Sie vertrauen nicht demütig und geduldig auf ihn, sondern das Volk "gierte voller Begierde" nach Fleisch, nach Leben. Selbst über das, was Gott gibt, beklagen sie sich: Nichts als Manna ist doch auf die Dauer langweilig. Gott reagiert und schickt weitere Zeichen: Ich werde eurer Gier nachgeben und euch Fleisch schicken, bis es euch zur Nase herauskommt und euch zum Ekel wird, weil ihr den HERRN, der in eurer Mitte ist, verworfen und gejammert habt, wo es nicht zu jammern gibt, wegen eurer ungezügelten Gier (4.Mose 11, 20). Aaron bringt es denn dann auch auf den Punkt: Ihr beklagt euch nicht über uns, ihr beklagt euch über Gott und seinen Willen! Ihr nehmt nicht, was er euch gibt, ihr wollt anderes und mehr. Ihr setzt euren Willen über seinen Willen.
Gott prüft die Herzen, oberflächliches Zungengefasel von Gott lässt er nicht gelten (5.Mose 8). Er prüft, ob wir auch in der Not seinen Willen und seine Hand (an)erkennen, oder ob wir abfallen, sobald es nicht nach unserem Kopf und Willen geht. Gott tut Zeichen, indem er Fleisch und Man schickt. Man ist einzigartig, niemand zuvor hat Man gesehen. Er setzt eindeutige Zeichen. Er überschüttet sie geradezu mit Man und Wachteln, so dass sie begreifen sollen, dass nur er es sein kann, der solche unerklärbaren Zeichen schickt. Und er zeigt ihnen das Maß ihrer Gier. Erkenne Mensch, dass Gott dich erzieht, wie er ein Kind erzieht. Er will wissen, ob du wirklich an ihn glaubst oder nur so tust. Gib deshalb Acht, dass du ihn in deinem Wohlstand nicht vergisst und ihn auch als deinen Gott (an)erkennst, wenn es dir nicht so gut geht. Wahrer Glaube enthüllt sich in der Not, nicht im Wohlstand. Demut, nicht Gier ist sein Gebot. Die Kinder Israel haben in der Wüste die Prüfung Gottes nicht bestanden.
Die Lehre, die wir daraus ziehen sollen: Versuche Gott nicht, wie sie es getan haben, pass auf, dass du an deiner Gier nicht erstickst. Laufe nicht deinen eigenen Göttern nach. Glaube , dass er es allein ist, der dir Kraft und Vermögen verleiht. Breche den Bund mit ihm nicht wie sie, er, der seinen Bund mit dir niemals bricht. Verlange nicht immer Zeichen, die du dann doch nicht verstehst, halte seine Werte hoch und breche sie nicht. Lerne seine Zeichen lesen, er tut keine Zeichen nur der Zeichen wegen, sondern dass du erkennst, dass er der HERR, dein Gott ist (5.Mose 8). Bescheide dich.
Die gleiche Geschichte wiederholt sich 1500 Jahre später, in der Speisung der 5000 (Joh 6, 26 ff). Jesus sagt: Begreift ihr nicht, dass Gott alle Zeichen tut, um euch von eurem Unglauben abzubringen. Ihr sucht mich aber nicht, weil ihr das Zeichen begreift, das mein Vater um euretwillen getan hat, sondern weil eure Mägen voll geworden sind. So wie bei euren Vätern in der Wüste. Beide Geschichten werden nicht per Zufall in Zusammenhang gebracht. Das Volk bleibt trotzdem völlig unverständig und fragt wiederum als sei die Speisung der 5000 nicht geschehen: Unsere Väter haben Manna in der Wüste gegessen, aber was wirkst du?
Ihr Schafsköpfe, sagt Jesus, versteht ihr nicht, dass ich euer Manna und euer Fleisch bin? Eure Väter haben in der Wüste Wachteln und Manna gegessen und sind gestorben. Das Zeichen, das ich bringe, ist ungleich größer: Ich bin das Brot. Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit, wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, wird leben in Ewigkeit. Ich bin das Zeichen, ich bin mehr als Wachteln und Manna. Ich bin eure gute Speise. Aber, so wie einst eure Väter, so murrt auch ihr und glaubt nicht. So verlangt auch ihr fortgesetzt Zeichen und versteht sie dann nicht. Ihr (an-)erkennt nicht, dass es Gottes Herrlichkeit ist, die wirkt. Ihr seht nicht, dass ich es bin, den er anstatt von nur Wachteln und Brot schickt. Ihr versteht damals wie heute nicht, dass es Glaube ist, den ihr mit mir essen müsst, wollt ihr in Ewigkeit leben. Nur Wachteln und Manna reichen dazu nicht aus, sie sind äußere Zeichen. Der Glaube, Demut und Gehorsam müssen dazukommen.
Lieber Luther, in Psalm 78, 22 ff ist es zusammengefasst: Anstatt demütig, tritt der Mensch (heraus)fordernd gegenüber Gott auf, weil er nicht glaubt und auf seine Hilfe vertraut. Gott lässt, auch wenn er darüber zornig ist, trotzdem zum Zeichen, dass er den Bund mit uns Menschen nicht vergessen hat, Himmelsgetreide auf uns regnen, gibt uns seine Frucht, nährt mit seinem Geist. Auch wenn es der Mensch nicht begreift. Die Gier nach Manna liegt nahe bei der Gier nach Money. Wie vor 3500 Jahren, wie vor 2000 Jahren, so auch jetzt. Gott bleibt hartnäckig, trotz jeglicher menschlicher Anmaßung. Das Himmelsbrot nährt uns auch heute noch jeden Tag, sofern wir Hunger auf es verspüren und wir es in unserer Wohlstands-Sattheit, zwischen unserem Tafelsilber, in unseren schönen Häusern, die recht besehen Elendsquartiere sind, im Morgenlicht glitzern sehen.
Herzliche Grüße
Deborrah
Deborrah
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