Lieber Luther,
oft denken wir, wo Gott ist, muss alles gut sein, insbesondere unser Leben, das Leben der anderen, wo Gott ist, muss Friede sein. Wenn wir uns umschauen, müssen wir erkennen, dass das nicht so ist. Welche Rolle spielt da Gott, in diesem Spiel des Lebens?
Gott lässt uns Mensch sein und steht mit uns das Menschsein durch. Mit Jesus tat er das fleischlich und konkret. Wie das auf einer abstrakteren Ebene geht, erklärt uns Gott im Lied vom Leben und Sterben, Gottes Lied, gesungen durch Mose (5.Mose 32, 1-43).
Es klingt in unseren Ohren zunächst martialisch, nach einem zornigen, rächenden Gott. Wenn wir es uns aber genau ansehen, erkennen wir, dass es das Gegenteil ist, es zeigt uns, wie Gott mit unseren Verfehlungen umgeht: Gott sichert uns seine Treue und sein Erbarmen zu, wie viel Unrecht wir auch tun, wie oft wir uns auch gegen ihn stellen, wie sehr wir auch fehl gehen.
Wenn wir dieses Lied des Lebens und des Sterbens in unsere Sprache übersetzen, erkennen wir, dass es noch genau so aktuell ist wie vor 3400 Jahren. Ich will mich da auch nicht weiter einmischen:
„Horch auf, du Himmel, ich will reden, und die Erde höre die Worte meines Mundes. Wie Regen träufle meine Lehre, wie Tau riesele meine Rede, wie Regenschauer auf frisches Grün und wie Regengüsse auf (welkes) Kraut!“ (2)
Hört und seht, der Fels ist vollkommen und all meine Wege sind recht. Ich bin ein Gott der Treue, egal wie ihr euch mir darbietet. Ihr versündigt euch gegen mich, ihr verweigert mir eure Kindschaft und macht euch damit selbst zum Schandfleck.
Aber ihr seid ein Teil von mir und ich ein Teil von euch. Ihr seid die Nachkommen Jakobs, den ich behütete wie meinen Augapfel und den ich unter meine Fittiche genommen und auf meinen Flügeln getragen habe. Das will ich auch euch, als seine Erben, tun, wenn ihr auf mein Wort hört und mich euren Gott sein lasst.
Aber, ihr seid eine verkehrte und verdrehte Generation, seit vielen Generationen, die auf mein Wort nicht hört. Ihr seid nicht treu, schafft eure eigenen Götter. Ihr werdet daran zu tragen haben - Männer, Frauen, Kinder, Alte, Junge. Und ich, Gott, lasse es zu, ich rette euch nicht vor euch selbst. Ihr werdet ernten, was ihr sät. Ihr werdet die Konsequenzen eures Tuns selbst tragen müssen. Alles Jammern wird euch nicht helfen, auch nicht, dass ihr mich für eure Taten verantwortlich macht, dass ich retten soll, was ihr verbockt habt.
Dennoch verlasse ich euch nicht, denn ich bin ein treuer Gott. Ich werde nicht zulassen, dass das Böse am Ende über das Gute triumphiert und das Böse sich für das Gute ausgibt.
Du, mein Volk, hörst auf keinen Rat, zeigst keine Einsicht, wie trostlos du dir deine Welt auch bereitest, wie groß die Zeichen auch sind, die ich schicke. Ich kann nicht alles gut heißen, was du tust, deshalb tue ich Zeichen, die nur ich tun kann. Seht sie, hört sie, handelt danach.
Ihr habt immer die Wahl, ihnen zu folgen oder nicht. Jeden Tag könnt ihr euch von neuem für mich entscheiden. Wenn ihr meinem Wort und meinen Zeichen nicht folgt, ist es eure Entscheidung, ihr müsst dann aber auch mit den Konsequenzen leben, im Hier und Jetzt, im Leben und im Sterben. Ich kann euch tot lassen, aber auch zum Leben erwecken, ich kann zulassen, dass ihr euch gegenseitig zerschlagt, aber auch heilen. Ihr solltet erkennen und anerkennen, dass nur ich das kann, so wahr ich ewig lebe.
Wenn du weise wärest, mein Volk, würdest du bedenken, dass du mit all deinem Tun einmal konfrontiert wirst. Dann wirst du dein Böses und Gutes erkennen und mit mir gemeinsam ansehen. Das werde ich dir und mir nicht ersparen, aber es reinigt und versöhnt uns miteinander. Und dann, wenn ich sehe, dass ihr erschreckt vor dem Bösen, das Böse loslasst und euch ihm verschließt, werde ich Erbarmen mit euch haben und ihr werdet erkennen, dass ich euer Gott bin und kein anderer Gott neben mir ist.
Dann wirst du, mein Volk, jubeln, dann werde ich jubeln, dann werden wir gemeinsam jubeln.
So wahr ich euer Gott bin.
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