Lieber Luther

Lieber Luther

Samstag, 16. März 2013

Schuld


Lieber Luther,
je näher wir Ostern und dem Verrat an Jesus kommen, desto mehr sind Absetzbewegungen zu spüren: Ja nichts mit Jesu Tod zu tun haben, ja nicht schuldig sein, das sind immer die anderen. Es gibt ein paar Kandidaten, die sich anbieten.
Zum Beispiel Kaiphas: "Ihr wisset nichts; bedenket auch nichts; es ist uns besser, ein Mensch sterbe für das Volk, denn dass das ganze Volk verderbe" (Joh 11, 49f). Da lässt sich der Schuldige leicht finden.
Oder waren es Judas oder Pilatus?
Oder doch die Wunder, die Jesus vollbrachte?
Oder das gespannte Verhältnis von Jesus zu Pharisäern und Schriftgelehrten?
Oder haben die Entscheidungsträger nur verantwortlich gehandelt, weil sonst die Römer für Ruhe und Ordnung nach ihren Vorstellungen gesorgt hätten?
Oder wurden die Römer nur vorgeschoben, um eigene Motive zu verdecken?
Viele "Oder", viele Möglichkeiten, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Es ist bequem Erklärungsmuster im historischen Kontext zu suchen. Aber ist das auch so gemeint?
Kaiphas sagte, was er sagte, in seiner Funktion als Hoherpriester, weissagte, denn "Jesus sollte sterben für das Volk". Diese Verheißung zieht sich genauso durch das Alte Testament wie die Ankündigung von Jesu Geburt. Nur können wir mit dem Tod schlechter umgehen. Das sehen wir nicht als Grund zur Freude an, feiern tun wir lieber bei Jesu Geburt.
Jesu Tod hat was mit Schuld zu tun, auch mit unserer Schuld. Darüber sollten wir uns Gedanken machen, weniger um die historischen Begebenheiten. Jesus wusste, dass er durch Menschenhand und Menschenschuld sterben wird. Er ist deshalb geboren und gestorben, um unserer Schuld willen, die wir auf uns laden.
Am Tod Jesu hatte im Prinzip niemand "Schuld". Es war von Gott so vorherbestimmt. Das war auch denjenigen, die eine Rolle dabei spielten, vorherbestimmt. Die Schrift, das Wort, musste erfüllt werden. Der Menschenanteil hierbei wird überschätzt.
Unterschätzt wird dagegen die jeweilige persönliche Schuld eines jeden aus Gottes Volk. "Er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volkes geplagt war" heißt es bei Jesaja. Er ist geboren und gestorben, um unsere Sünden vor Gott zu tragen und um unsere Verzeihung zu erlangen. Jeder, der sich zum Volk Gottes rechnet, darf sich da angesprochen fühlen und ist da angesprochen. Auch diejenigen, die zerstreut sind, die Gott aus dem Blick verloren haben, die er aber trotzdem fest im Blick hat.
Lieber Luther, wir glauben gern, dass Jesus uns von Gott geschenkt ist, wir glauben auch gern, dass er gestorben ist, um uns zu erlösen, unseren Anteil daran, ignorieren wir gern. Das ist eine Botschaft, die nicht gern gehört wird, treibt vielleicht die Menschen aus der Kirche. Das kann man sich bei den schon lichten Reihen kaum erlauben. Deshalb lieber positive Botschaften senden, Gott und Jesus die Arbeitspakete zuschieben und uns selber auf das Bitten um Vergebung der Sünden beschränken. Reicht das aus? Nein.
Gott verlangt eine Umkehr, er verlangt einen willentlichen Akt der Reue, keine oberflächlichen Lippenbekenntnisse, sondern ein inneres Schuldeingeständnis, vor sich selbst und vor ihm:
Auch mein Schuldpaket hat Jesus gen Golgatha geschleppt,
auch ich habe einen Nagel durch seine Handfläche getrieben,
auch ich habe ihn und sein Wort mehr als einmal verraten.
Lieber Luther, es fange jeder bei sich selbst an nach seiner Schuld zu suchen. Du bist nicht müde geworden, darüber zu predigen und das den Menschen verständlich zu machen. Heute regiert überwiegend der Wellness-Gott. Auch deine Kirche ist davon nicht verschont. Jesus hat eine Dornenkrone getragen, er hat gelitten.
Wie weit sind wir heute bereit, für und unter seinem Wort zu leiden, damit wir nach seinem Wort leben, um die ewige Verzeihung zu erlangen?
Sehr betroffen grüßt Dich
Deborrah

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