Lieber Luther

Lieber Luther

Samstag, 16. November 2013

Feigenbaum und Feigenblatt

Lieber Luther,
gute Nachrichten hören wir gern, schlechte weniger. Wenn man uns gibt, nehmen wir gern, doch Verpflichtungen eingehen, davor scheuen wir zurück. Verpflichtung heißt, man betrachtet fortan etwas als seine Pflicht, heißt, setzt sich für etwas ein, steht für etwas, steht jemandem bei, auch wenn man sich selbst zurückstellen muss. Verpflichtung ernst genommen, ist ein Versprechen, sich in die Pflicht nehmen zu lassen für etwas.
Von Gott nehmen wir gern, lassen uns aber weniger gern von ihm in die Verpflichtung nehmen. Wir sehen das gern als Einbahnstraße, als einseitigen Bund. Gott ist in der Pflicht uns zu lieben, uns zur Hilfe zu eilen, uns zu heilen. Dieser Gott wird überwiegend von den Kanzeln gepredigt. Gott als der (einseitig) Liebende, der den Menschen liebt, was immer er tut. Alles andere ist unpopulär. Wer will sich schon in die Pflicht für Gott nehmen lassen? Wollen wir die eh schon kleine Zahl der Kirchgänger auch noch verschrecken mit lästigen Verpflichtungen?
Warnungen, gegen den Mainstream gerichtet, werden seit jeher nicht gern gehört. Gott und auch Jesus haben uns viele Warnungen geschickt. Jeremia hat sich damit abgequält, Gottes Warnungen zu überbringen, war Gottesknecht und hat unter dieser Last schwer geächzt. Trotzdem hat er nicht geschwiegen. Die Zugvögel, die keinen festen Ort kennen, finden an ihren Ort zurück und wissen, wann es Zeit ist, heimzukehren. Wenn selbst Vögel das wissen, die kein Gehirn zum Nachdenken haben – oder gerade deswegen -, warum kann und tut der Mensch das nicht? Und keiner bereut. Sie wenden sie weiter ab, laufen weg vor mir, wie ein Wildpferd, das sich von mir bedroht fühlt. Man hört aus diesen Worten, wie Gott über seine Schöpfung stöhnt und Jeremia, als Überbringer der schlechten Botschaft, mit ihm (Jer 8, 4-7).
In Jeremias Tempelrede ist klar benannt, was Gott von uns fordert: Denn nur, wenn ihr eure Wege und eure Taten wirklich gut macht, wenn ihr wirklich Recht übt untereinander, gerecht seid zu euch selbst und zueinander, niemanden unterdrückt, kein Leben vernichtet, keine anderen Götter nachlauft, nur dann will ich bei euch wohnen (Jer 7, 5-7). Das sind Pflichten, die Gott von uns einfordert. Gott sagt zu Jeremia: Stell dich in das Tor des Hauses des Herrn und sage das ganz laut, auch zu den Wortverdrehern, die dort berufsmäßig das Wort auslegen. Priester und Propheten gehen mit Lügen um, predigen meinen Frieden und es ist doch nicht Friede (Jer 8, 10-11). Ich bin mit euch nicht im Frieden und ihr nicht mit mir. Lasst euch nicht einlullen von falschen Versprechungen. Keine Trauben sind am Weinstock und keine Feigen am Feigenbaum, das Blatt ist verwelkt: Frucht- und leblos werdet ihr vergehen, wenn ihr so weitermacht (Jer 8, 13).
Szenenwechsel. Etwa 600 Jahre später. Markus 13. Wieder geht es um Gottes Tempel. Wieder die gleiche Mahnung, wie eine Dublette: Passt auf, seid wachsam, lasst euch nicht von falschen Propheten verführen, die unter meinem Namen getarnt euch falsche Götter unterjubeln. Wenn ihr von Kriegen hört, so geschieht das, weil die Menschen nicht auf mich hören wollen, aber es ist nicht das Ende. Es wird sich Nation gegen Nation erheben, es wird Erdbeben geben, Hungersnöte, sie werden sich gegenseitig umbringen, sich gegenseitig bedrücken. Leben wie es ist, seit es Menschen gibt.
Deshalb ist es wichtig, dass ihnen das Evangelium gepredigt wird. Wieso? Wer das liest, höre: Damit die Menschen wissen, dass sie umkehren können, sie die Möglichkeit haben, sich auf meinen heiligen Berg zu retten, solange noch Zeit ist. Es ist ein Ort ohne irdische Güter, deshalb braucht man dort nichts Materielles. Betet, dass es nicht Winter ist in euch, eure Seele nicht kalt und ohne Nahrung ist, wenn ihr dies lest.
Jedoch, alle Menschen sind mit menschlichen Irrtümern belastete Menschen. Deshalb wird, wenn ihr die äußeren und inneren Gräuel und Verwüstungen, die ihr angerichtet habt, ungeschönt sehen werdet, eure Bedrängnis größer sein, als im Augenblick der Untat. Deshalb hat Gott die Zeit, wenn es gilt, dies einzusehen, verkürzt. Sonst würde er keinen Menschen mehr zu sich zurück bringen können, solange würde diese Selbstschau dauern. Alle werden dann Auserwählte sein, alle werden dann heimgeführt sein, und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in Wolken mit großer Macht und Herrlichkeit. Deshalb lernt vom Feigenbaum: Wenn sein Zweig schon weich geworden ist und Blätter hervortreibt, ist der Winter vorbei, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. Der Feigenbaum ist bereit, Frucht zu treiben.
Der Bogen zu Jeremia ist geschlagen. Jesus erklärt in Markus 3 etwas komprimierter was 600 Jahre zuvor Gott Jeremia aufgetragen hat zu sagen (Jes 7-8) und alles ist bei beiden zusammengefasst im Bild des Feigenbaumes. Der Feigenbaum steht für den Anfang des Menschen uns das Ende. Der Feigenbaum ist die erste Pflanze, die namentlich in der Bibel erwähnt wird. Adam und Eva machten sich einen Schurz aus Feigenblättern, um ihre Blöße zu decken (1. Mose 3, 7). So meint es auch Jesus in seiner Rede: Wenn ihr euch dereinst mit euren eigenen Schandtaten auseinandersetzen müsst, kann kein Feigenblatt mehr eure Blöße decken. Eure eigene Wahrheit zu sehen, vom Baum dieser Erkenntnis zu essen, wird euch schlimmer ankommen, als alle Untaten, die ihr im Laufe des Lebens verübt habt.
Die Botschaft ist in beiden Texten gleich: Gottes Volk hört nicht auf seine Stimme, hält nicht, was er ihnen aufgetragen hat, verpflichtet sich nicht ihm gegenüber auf sein Recht, sondern tut beständig Unrecht, hört auf die falschen Propheten und Götter und folgt keiner Mahnung zur Umkehr. Deshalb bleibt der Feigenbaum bei Jeremia und bei Jesus ohne Frucht, die Blätter sind verwelkt (Matth 21, 18-22). Kein Feigenblatt vermag dies vor Gott zu verbergen, jetzt nicht und nicht, wenn wir sterben. Aber, Jesus gibt Hoffnung. Der Feigenbaum bleibt nicht unfruchtbar. Wenn die Zweige weich geworden sind, Hartherzigkeit und Hartleibigkeit aufgeweicht sind, dann erwacht der Feigenbaum wieder zum Leben, treibt Blätter, danngrünt der Feigenbaum wieder und trägt Frucht.
Lieber Luther, die Bibel steckt voller Überraschungen. Mit dieser Wendung habe ich zu Anfang nicht gerechnet. Jeremia und Jesus erzählen die gleiche Geschichte, verwenden die gleichen Bilder, haben die gleiche Botschaft. Beide Texte sind Predigttext für diesen und nächsten Sonntag, einmal in der alttestamentlichen und einmal in der neutestamentlichen Version. Doppelt hält besser, bleibt wenigstens zu hoffen. Ihr bringt keine Frucht, sagt Jeremia und sagt Jesus, ihr lebt und handelt nach euren eigenen Maßstäben, nicht nach meinen. Bezeichnend auch, dass beide Predigttexte die Textstellen, in denen es um die Verpflichtung der Menschen auf Gottes Recht geht, umschiffen, die Konsequenzen verschweigen. Die ganze Sündentheologie ist zwar obsolet, aber das heißt nicht, dass wir Narrenfreiheit haben in dem, was wir tun. Wir sind dafür verantwortlich, jeder persönlich. Eines Tages wird uns der Spiegel vorgehalten und wir müssen für uns selbst einstehen. Gott nimmt uns in die Pflicht und an dieser Stelle werden wir nicht ausweichen können, wie noch im diesseitigen Leben. Ob wir das nun wahrhaben wollen oder nicht. Wie sagte doch Jesus? Wer dies liest, merke auf (Mark 13, 14), ihr habt es in eigenen Händen. Wieder eine (ungehörte) Warnung.
Nicht nur Jeremia kündigt an, dass vor Gott eines Tages eine Abrechnung kommt, ein Abwiegen und Abwägen. Auch Jesus sagt nicht, Mensch, ihr könnt tun und lassen was ihr wollt, könnt Unrecht tun, unterdrücken, morden, ohne dass das irgendwelche Auswirkungen hat, Gott liebt euch, was immer ihr tut, ob ihr seine Gebote beachtet oder nicht. Jesus sagt, wie Jeremia, sehr drastisch, folgenlos wird euer Tun nicht bleiben, ihr werdet kein Feigenblatt haben, um das zu verdecken. Aber auch das wird vorüber gehen, die Zeit, die ihr das aushalten müsst, ist verkürzt. Dann wird aus dem Holz des Feigenbaums Leben wachsen.
So hören wir zu, lieber Luther, stehen zu unserer Verpflichtung, sind achtsam und wachsam, auch wenn uns hin und wieder vor Müdigkeit die Augen zuzufallen drohen. Jeremia hat auch nicht aufgegeben.
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 10. November 2013

Der ungerechte Richter oder: Gebt nicht auf!

Lieber Luther,
der heutige Predigttext (Lukas 18, 1-8) ist mir vor drei Wochen schon einmal begegnet und zwar in einer Form, die ich sicher mein ganzes Leben nicht mehr vergessen werde. An einem Ort, an dem sein ganzer Sinn plötzlich im Raum stand. Gott hat sich quasi neben die Menschen, die es angegangen ist, auf die Kirchenbank gesetzt und hat gewirkt. Alle Beteiligten haben seine Anwesenheit verspürt.
Wir reden vom Gleichnis vom ungerechten Richter. Es geht um einen selbstgefälligen Richter, der weder Tod, noch Teufel noch Gott fürchtet, weder weltliche noch göttliche Macht. Eine Witwe trat vor ihn und forderte ihr Recht. Es ist nicht gesagt, um was es genau geht, welches Recht verletzt ist. Das ist unwichtig. Der Richter weist sie immer wieder ab, aber sie bleibt hartnäckig, kommt immer wieder. Eines Tages hat er keine Lust mehr, sich immer wieder mit dem Fall zu beschäftigen und so beschließt er, ihr zu geben, was sie schon so lange fordert, "damit sie nicht am Ende komme, um mir ist Gesicht fahre." Derart Recht zu bekommen, hinterlässt einen faden Geschmack.
Der Richter handelt aus purem Eigennutz. Es geht ihm nicht um das Gesetz, schon gar nicht um Recht, was etwas anderes ist, es geht ihm nicht um die Wahrheit, nicht um Gerechtigkeit, es geht um sein subjektives Wohlbefinden, um seine Selbstgerechtigkeit. Einen anderen Maßstab als seinen Egoismus legt er nicht an.
Mit dem Finger auf diesen Richter zu zeigen, ist einfach. Es ist offensichtlich, dass er nicht von Gesetz und Recht, Wahrheit und Wahrhaftigkeit getrieben wird. Jedoch, wer ohne Schuld ist, wer nie ungerechter Richter ist, werfe den ersten Stein. Wir sollten erst einmal bei uns selbst suchen, bevor wir den Balken im Auge des anderen suchen.
Wir sind alle Richter, wir sind alle ungerecht. Wir sind auch Richter gegenüber unseren Richtern. Wir brechen den Stab über denen, die ungerecht zu uns sind, die hartleibig sind, die uns immer wieder abweisen und auflaufen lassen, die taub sind gegenüber dem, was wir zu sagen haben, die nicht zuhören und nicht hören wollen, die uns immer wieder unverrichteter Dinge nach Hause schicken. Wir laufen Gefahr auch zu verurteilen, gar zu resignieren, den Mut zu verlieren, einen weiteren Anlauf zu nehmen, ein weiteres Mal gegen eine Mauer der Ablehnung zu rennen.
Von der Witwe können wir lernen, nicht aufzugeben. Was hat sie getrieben, was hat ihr immer wieder den Mut und die Kraft gegeben, sich aufzumachen, um den Richter mit sich und damit mit seinem eigenen Unrecht zu konfrontieren, ihm sein Unrecht vor Augen zu führen, trotz aller Demütigung, die sie immer wieder erfahren hat? Es war wohl eine Mischung, eine Mischung aus Not – möge es eine innere oder äußere gewesen sein –, Zorn und Gerechtigkeitssinn. Sie wusste, dass, was sie vorzubringen hatte, richtig war, Recht, gerecht, wahr. Das hat sie auf den Beinen gehalten und ihr Energie gegeben, immer wieder anzurennen, nicht aufzugeben.
Woher wusste die Witwe, dass sie im Recht war? Es könnte ja auch ihre eigene Selbstgerechtigkeit gewesen sein, ihr verletzter Stolz, der sie getrieben hat, ohne dass sie im Recht gewesen wäre.
Jesus erzählt diese Geschichte als Gleichnis, d.h. er will mit ihr etwas verdeutlichen und deshalb kommt der Kern seiner Botschaft auch erst hinter dieser Geschichte zutage.
Geht es eigentlich wirklich darum, dass uns Recht geschieht, was immer wir unter "Recht" verstehen? Über das, was wir Menschen unter "Recht" verstehen, kann man Bibliotheken füllen und philosophische Theorien aneinander reihen. Auf Erden wird kein gemeinsames Verständnis erzielbar sein, was Recht und gerecht ist. Unser subjektives und objektives Rechtsverständnis in seiner Vielgestaltigkeit kann hier nicht gemeint sein.
Um was es in dem Gleichnis geht, steht gleich eingangs. Das Gleichnis, das Jesus erzählt, ist ein Gleichnis vom Bitten. Die Botschaft ist: Betet allezeit, was auch mit euch passiert und wie ungerecht ihr euch auch gehandelt fühlt, betet und ermattet darin nicht, resigniert nicht, vor den Menschen nicht und nicht vor eurem Gott und er eilt euch zur Hilfe.
Jesus fragt suggestiv: Sollte Gott das Recht seiner "Auserwählten", das heißt derjenigen, die ihn gewählt haben, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht "ausführen"? Sollte er nicht bewirken, dass denjenigen, die treu an ihm festhalten, am Ende Recht, sein Recht geschieht, nach seiner Wahrheit, nicht unserer? Jesus kennt die Menschen, deshalb hängt er gleich an, "Ich sage euch, dass er ihr Recht ohne Verzug ausführen wird. Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde?"
Gottes Recht und Gerechtigkeit, seine Wahrheit ist das Maß der Dinge, nicht unsere subjektiven Vorstellungen, er wirkt, ist gegenwärtig "ohne Verzug". Haben wir da Zweifel, wenn wir auf uns schauen? "Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde?"
Lieber Luther, es geht in dem Gleichnis nicht um unsere eigene Gerechtigkeit, Mensch ist nie gerecht. Wir sind alle ungerechte Richter. Es geht darum anzunehmen, dass Gott wirkt, ob es uns gefällt oder nicht, demütig zu sein gegenüber dem, was IST. Es geht darum, zu bitten, auch in Tränen, nicht nachzulassen, die Hoffnung nicht aufzugeben, die Augen zu öffen für das, was Gott in und mit unseren Tränen bewirkt.
Wir wissen, lieber Luther, dass Gott wirkt, ohne Verzug, aber ohne unseren Vorstellungen zu folgen, nicht zeitlich und nicht inhaltlich. Ich bin sicher, er hat sich auch heute in die ein oder andere Kirchenbank gesetzt, auch wenn sie leer geblieben ist. Er hat uns mit unserem eigenen Unrecht konfrontiert, aber uns auch gesagt: Betet, bittet, öffnet die Augen und die Herzen, gebt nicht auf. So sei es.
Herzliche Grüße
Deborrah

Sonntag, 3. November 2013

Falsche Schwüre

Lieber Luther,
wenn wir denken, etwas besonders ehrlich zu meinen, schwören wir. Bei der Vereidigung von Politikern, Richtern, Soldaten, wird geschworen, auf die Verfassung, auf die Bibel. Auch ewige Liebe wird geschworen, Treue. Wenn geschworen wird, beteuert derjenige der schwört, ich halte mich an das Gesetz, an die Verfassung, an den Bund.
Damit ist schon offensichtlich, Mensch sollte nicht schwören, den es ist schon vorprogrammiert, dass er nicht halten wird, was er gerade noch im Munde führt. Es geht, lieber Luther, um den Predigttext an diesem Sonntag: Matthäus 5, 33-37:
Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Stuhl, noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist des großen Königs Stadt. Auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören; denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen. Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.
Jesus weist uns hier in unsere Schranken und will uns gleichzeitig vor uns selbst bewahren: Ihr sollt nicht falsch schwören bei meinem Namen und entheiligen den Namen deines Gottes; denn ich bin der Herr (3.Mose 19, 12), denn du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht (2.Mose 20, 7; 5 Mose 5, 11). Das steht im 2. Gebot.
Das heißt, du sollst nicht ein Versprechen abgeben, das du nicht hältst, das heißt, Gott nicht im Munde führen und gleichzeitig Lug, Trug, Betrug, Falschheit, Nichtigkeiten leben, in die Welt tragen. Denn was in der Welt ist, das IST und lässt sich nicht mehr rückgängig machen, es ist und bleibt mit dir und deinem Namen verbunden. Du sollst nicht Hinterhältigkeit, Bosheit, Lüge im Munde führen, denn so trägst du keine Frucht, so bist du Spreu, die der Wind hinwegfegt, so kommst du nicht in Gottes Tenne.
Erhebe, Mensch, nicht die Hand zum Schwur. Du kannst nicht halten, was du schwörst. Schwören heißt, einen Eid leisten, sich verpflichten vor Gott, sich bekennen zu Gott und der Wahrheit. Wer schwört und nicht einhält, den trifft Gottes Strafe. Gott mag es nicht dulden, dass man seinen Namen benutzt, um Lügen zu begründen, Meineide zu rechtfertigen, Falschheiten zu beschönigen.
Der Einzige, der Schwüre hält, ist Gott. Gott schwört und hält Treue zu den Menschen. Als Mose ihn an seinen Schwur erinnert, den er vor sich selbst abgelegt hat, Abraham und seinen Nachkommen das Land, das er ihnen verheißen hat, zu geben, tut Gott etwas, was er höchst selten tut: Er revidiert sein Urteil, das er schon gegen sein Volk gesprochen hatte (2.Mose 13-14). Gott ist treu und hält sein Wort. Es zeigt aber auch, wie ernst es Gott selbst mit der Worttreue nimmt, er sagt uns: Mein Wort ist mein Eid, mein Schwur, zu euch. Was ich sage, das werde ich halten. In dieser unumstößlichen Gewissheit und Wahrheit kann dies nur Gott versprechen.
Gott schwört bei sich selbst: Ich schwöre bei mir selbst, und ein Wort der Gerechtigkeit geht aus meinem Munde, dabei soll es bleiben: Mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören (Jes 45, 23). Der einzige, der diesen Eid einfordern kann, ist Gott. Das einzige, was zu sagen bleibt auf diesen eingeforderten Eid, ist ein doppeltes Ja: ein Ja zum Vater und ein Ja zum Sohn, zur ihrer Wahrheit und Treue, zu unserer Umkehr und Reue, und ein doppeltes Nein: ein Nein zur Lüge und zu allem Bösen.
Führe den Himmel nicht im Munde, berufe dich nicht auf Gottes Schöpfung, noch auf Gottes Stadt Mensch, denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen. Du überschätzt dich, wenn du auf etwas schwörst, das deinen Möglichkeiten entzogen ist. Das kommt allein Gott zu. Es wiegt doppelt schwer, wenn du dich auf Gottes Gesetz berufst und es dann nicht hältst (Sir 23, 11).
Lieber Luther, es heißt, Gottes Namen vergeblich führen, wenn man Gott den Herrn nennt, dabei falsch ist, obwohl das Herz es anders weiß, wie du selbst im Großen Katechismus schreibst. "Denn lügen und trügen ist an sich selbst große Sünde, wird aber viel schwerer, wenn man sie noch rechtfertigen will und sie zu bestätigen Gottes Namen anzieht und zum Schanddeckel macht, also, dass aus einer eine zweifältige, ja vielfältige Lüge wird".
Ja, Jesus wollte uns mit seiner Warnung vor uns selbst bewahren. Begnügt euch mit einem Ja oder Nein, ohne euch noch auf Gott zu berufen. Steht zu eurem Ja oder Nein. Doch selbst ein offenes Ja oder Nein, ein offenes Stehen, zu dem, was unser Herz sagt, fällt Mensch oft schwer. Und so betrügt er, sich und andere.
Tröstlich ist, lieber Luther, dass Gott in alle Herzen sieht, alle Wahrheit kennt und vor ihm jeder Betrug aufgedeckt wird, auch der Selbstbetrug. Auch wir sind davon nicht frei.
Herzliche Grüße
Deborrah