Lieber Luther

Lieber Luther

Sonntag, 26. Mai 2013

Gottes Wind - Trinitatis

Lieber Luther,
es ist, glaube ich, wieder an der Zeit, dass ich dir schreibe, obwohl es mich, wie ich gestehen muss, Disziplin kostet. Der Himmel ist dunkel, der Sturm wütet und zehrt an meiner Kraft.
Heute ist Trinitatis, ein weiteres Hochfest, so kurz nach Pfingsten. Wieso ist es ein Hochfest? In der Volksseele ist das kein Fest, das dort verwurzelt ist. Wieso ist es dort nicht angelangt?
Das Konstrukt "Trinitatis", der Heiligen Dreifaltigkeit, hat dogmatischen Ursprung, ist nachbiblisch, ist eine Lehre: seht so wirkt Gott in seiner Vielfalt – vereinfacht auf Dreifalt, der menschlichen Einfalt angepasst. Es hat keinen direkten Ursprung in der Bibel, ist mehr eine Zusammenfassung, ein Bekenntnis:
Ich glaube an Gott, den Vater
Ich glaube an Gott, den Sohn,
Ich glaube an Gott, den Heiligen Geist.
In diese Dreiheit sind wir getauft, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ausgehend aus Gott, verweslicht, vermenschlicht, geschöpft aus Gott in seiner Schöpfung, in allem was lebt. Vermenschlichter Gott in Jesus Christus, Gott in seiner Schöpfung und als Teil seiner Schöpfung. Gott mit seiner widerspenstigen Schöpfung. Der Heilige Geist geschickt zur ungreifbar unbegreiflichen Hinleitung seiner Schöpfung zu ihm zurück, zum Schutz seiner Schöpfung, des Menschen, vor sich selbst, des Schutzes Gottes in seinem Ebenbild, wen man so will.
Kirche spricht von "drei Personen". Für Menschen ist Gott vermenschlicht als "Person" – ein Dogma, ein Versuch, das Göttliche zu fassen, was letzten Endes immer Scheitern muss. Dreifaltigkeit meint das A&O, den Ausgang vom göttlichen Ursprung und die Rückkehr dahin zurück. Das göttliche Sein und Wirken in seiner vielfältigen Unbenennbarkeit, das wir, um überhaupt darüber kommunizieren zu können, mit "Vater, Sohn und Heiliger Geist" benannt haben. Gott hat bei uns diese Namen. Gott hat uns diese Namen auf die Stirn und in die Seele gebrannt. Trinitatis ist so gesehen nichts anderes als ein Name für das göttliche Wirken.
Jesus versucht Nikodemus das Göttliche zu erklären. Nikodemus, ein Pharisäer, ein vor dem Gesetz Gott-Gebildeter in menschlichem Unverstand, versteht es nicht, weil er mit dem Verstand zu erfassen sucht, was jenseits menschlichen Verstandes und Verständnisses liegt. Seine menschlich verhafteten Denkmuster versperren ihm den Blick.
Jesus sieht das und versucht es Nikodemus mit einem menschlich verständlichen Bild klarzumachen: Der Wind bläst, wo er will (Joh 3, 8) . Du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, wo er anfängt und wo er endet, wann und wo der Geburtsaugenblick eines Tornados ist und wann er sein Leben wieder aushaucht, aus welcher Richtung er kommt und in welche er geht, ob es ein Lüftchen ist oder sich zu einem Sturm auswächst, ob er hinwegfegt oder nur an einem zerrt, ob er eine Schneise der Verwüstung hinterlässt oder nur ein paar Dächer abdeckt. Der Sturm säuselt, braust, wütet wie er will, nicht wie ich will. Er wirkt und bewirkt an mir ohne mein Zutun.
Und dann der Zusatz: Also ist jeglicher, der aus dem Geist geboren ist (Joh 3, 8). Wow! Was heißt das? Ein Also, ein Ist, das es in sich hat. Wir als Wind, Teil des Windes und des Säuselns, mit Anfang und Ende im Unfassbaren, nur in der kurzen Wegstrecke der menschlichen körperlichen Existenz körperlich greifbar. Wenn der Wind auf Widerstand trifft. Wir sind menschlicher Sturm und Teil des göttlichen Windes oder Sturmes. Wir sind diejenigen, die Sturm säen und Sturm ernten. Wir sind diejenigen, die nicht wissen, ob Frucht bringt, was wir gesät haben, oder der Sturm die Ernte verhagelt. Wir sind diejenigen, die ein Lüftchen im Ganzen des göttlichen Windes sind. Wir wissen nicht, ob der göttliche Sturm die aufgegangenen Pflänzchen hinwegfegt oder das Säuseln des Windes sie reifen lässt und sie am Ende Frucht bringen.
Mensch, ein Wind, dessen Stärke und Richtung nicht wirklich zu fassen ist und damit auch hier Gott ebenbildlich. Ob Wind oder Sturm, entscheidet sich in der göttlichen Großwetterlage. Also wird mit einem Sturm verworfen die große Stadt Babylon und nicht mehr gefunden werden (Offenb 18, 21). Oder er vernichtet, wie in Sodom. Das Säuseln des Windes vernimmt nur derjenige, der aus dem Geist geboren ist. Der tödliche Sturm in Babylon und Sodom, der die Tauben trifft, ist genauso Realität.
Wetterfühlige unter uns fühlen, wenn ein Sturm kommt. Er sitzt einem schon vorher in den Knochen, lässt den Kopf bersten, man spürt förmlich, dass etwas in der Luft liegt. Jedoch, man kann den Wind buchstäblich nicht fassen, nicht anfassen, nicht seiner habhaft werden. Nicht jeder ist wetterfühlig, nicht jeder setzt sich dem Wind aus. Wenn du im Wind oder gar im Sturm stehst, ist es der Sturm, der Orkan, der Tornado, der das Sein oder Nichtsein in seiner Hand hält, der entscheidet über Leben, Tod und Überleben, sei es im Leben oder Sterben. Wir haben keine Macht über den Wind. Er entzieht sich uns unsichtbar. Wir sehen ihn nur mittelbar, wenn er durch die Blätter der Zitterpappel fährt, die Äste knickt, die Blätter vom Baum fegt, gar den Baum bricht, aber die Wurzel stehen lässt. Wenn er Sturm kommt,nimmt Gott die Geist Getauften bei der Hand und führt sie hinaus in sein sicheres Land. Doch auch da gehen Winde, die uns wegraffen können.
Jesus erklärt weiter: Nur wenn man neu geboren wird, sieht man das Reich Gottes (Joh 3, 3), geboren aus Wasser und Geist, geboren aus Gott, der Quelle des Lebens, die Schuld genommen durch den einen, einzigen Sohn, ausgeschüttet über uns der Heilige Geist im Namen des Vaters und des Sohnes und damit uns in diese Drei-Einigkeit hineingehoben. Dies ist immanentes, in sich einiges Geschehen, eines im anderen und das eine wäre ohne das andere nicht. Trinitatis ist der göttliche Lebenskreislauf. Ohne Trinitatis steht Vater, Sohn und Heiliger Geist einzeln da, unverbunden. Trinitatis ist der Versuch zu benennen, dass alles von Gott ausgeht und in Gott eingeht, vermittelt durch den einen Sohn, er uns durch unsere Entschuldung so rein macht, dass wir wieder eins werden können mit Gott. Trinitatis – Dreieinigkeit – ist nicht Trennung, sie ist geistgeborene Einheit des Menschen in Gott.
Lieber Luther, zusammengefasst könnte man ganz einfach sagen: Trinitatis ist uns in Form des Segens gegeben und immer gegenwärtig (4.Mos 6, 24-27):
Ihr sollt meinen Namen auf die Kinder Israel legen, dass ich sie segne:
Der Herr segne dich und behüte dich,
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der Herr erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Man möchte noch anhängen:
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist.
Trinität, ganz ohne Dogmatik.
Ganz einfach, ganz unverkopft. Gottes Wind. Gegenwärtig. Gefühlt. Geglaubt.
Herzliche Grüße
Deborrah

Samstag, 11. Mai 2013

Wieso ist Frau Lot zur Salzsäule erstarrt?


Lieber Luther, 
ich weiß nicht genau warum, aber mich beschäftigt immer noch die Lotgeschichte. Ich habe schon vor ein paar Tagen und auch heute morgen schon etwas dazu geschrieben.
Die Lotgeschichte ist komplex und vielschichtig. Deshalb habe ich sie unter dem Himmelfahrtshimmel nochmals gelesen (1.Mose 18-19). Ich habe gelernt, dass Abraham sehr mit Gott gefeilscht hat, um die Gerechten in Sodom und Gomorra, um die paar, die er noch dem Verderben entreißen wollte. Lot und die Seinen hätten sich retten dürfen.
Mit dem göttlichen Willen mitgezogen, dass er auch wahr wird, haben letztendlich nur Lot und seine Töchter. Die anderen aus seiner Sippe haben sich verweigert. Auch Lot hat sich schwer getan, zu gehen und den Ort, den Gott ihm zugewiesen hat, anzunehmen. Die Engel mussten ihn bei der Hand nehmen und vom Ort des Unglücks wegzerren.
Die Lotgeschichte lehrt uns, dass Gott mit sich reden lässt und auf unsere Bitten eingeht, wenn wir noch nicht bereit sind, ihm ganz zu folgen. Er hat Abraham gehört und auch Lot. Er teilt daraufhin die Aufgabe in kleinere Päckchen, so dass es ihnen leichter gefallen ist, seinen Ratschluss anzunehmen.
Als Lot schließlich gegangen war, Gott hat solange gewartet, hat sich in Sodom der Himmel geöffnet. Herunter kam nicht Gottes segnende Ausstrahlung, wie an Himmelfahrt, sondern sein urteilsprechendes Zornesfeuer. So können offene Himmel auch aussehen. Das ist der Gott, der zum Fürchten ist.
Lot wollte nicht in das hügelige Land, in das Gott ihn schickte, sondern hat für eine kleine, unbedeutende Stadt gebeten, in die er gehen wollte: Zoar. Lot denkt, er muss wenigstens in die Stadt, nicht ins Hügelland, "Nur dass meine Seele am Leben bleibt." (1. Mose 19, 18-20)  Seine Seele hängt an der Stadt mit ihrer Üppigkeit, nicht im kargen Hügelland, in dem schwer überleben ist. Schick mir lieber einen Unfall, dass ich sterbe, sagt Lot zu Gott, das ist besser als dieses Hügelland.
So gewährte ihm Gott die kleine Stadt als Übergangsdomizil,  um ihn von Sodom wegzubewegen. Er verschonte das Städtchen. Als er schon dort in Sicherheit war, sah seine Frau zurück, "hinter seinem Rücken" und wurde zur Salzsäule (1.Mose 19, 26). Sie waren körperlich schon gerettet und dennoch ist es für sie noch schief gegangen. Wie ist das zu verstehen?
Als die Engel Lot, seine Frau und seine Töchter aus der Stadt hinausführten, sagten sie: "Rette deine Seele! Und schaue nicht zurück". Es geht in erster Linie um die Rettung der Seele in der Lotgeschichte. Die Frau hat zurückgeschaut. Es ist hier eine innere Schau gemeint. Sie hat das Leid und das Elend der Menschen in der Stadt gesehen, das Gericht Gottes, unter anderem auch über die Schwiegersöhne. Es war so furchtbar, dass das Salz ihrer Tränen sie innerlich erstarren ließ, zur Salzsäule, wie es in der Bibel heißt.
Hat sie die Liebe zu den Menschen dort, das Mitleid zurückschauen lassen? Frauen, die Kinder geboren haben, können schlecht untätig Kinder sterben sehen, auch nicht fremde. Deshalb hat sie die Weisung der Engel nicht eingehalten. Deshalb hat sie sich widersetzt, heimlich, hinter dem Rücken ihres Mannes, innerlich, wo er es nicht gesehen hat. Männer übergehen das Innenleben ihrer Frauen gerne. Und sie hat den Preis dafür gezahlt. Gott wollte sie schonen, aber sie hat sich selbst nicht geschont. Ihr seid das Salz der Erde. Das Salz der Tränen der Frau Lot waren so zahlreich, dass sie eine Salzsäule aufhäuften. Sie ist innerlich gestorben. Frau Lot war schon in der Stadt der Geretteten.
Frau Lot ist nicht gefragt worden, ob sie mit ihrem Mann aus der Stadt weggehen will. Ihr Mann hat es entschieden, über ihren Kopf hinweg, ohne sie mit einzubeziehen. Er hat über sie entschieden. Wir reden über Lot und seine Töchter, wer denkt an Frau Lot? Was spielt sie für eine Rolle?
Wenn es keine wäre, hätte sie gar nicht erwähnt werden müssen. Ihr seid das Salz der Erde. Zuviel Salz macht fruchtbares Land bitter, mit zu wenig Salz kann es nicht existieren, dummes Salz schadet dem Land, ungeachtet wie fruchtbar das Land ist.
Frau Lot ist zunächst im Zeichen der Bergpredigt zu sehen: Ihr seid das Salz der Erde. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man's salzen? Es ist hinfort zu nichts nütze, denn dass man es hinausschütte und lasse es die Leute zertreten (Matth 5, 13). Frau Lot ist das Synonym für die Menschen in Sodom. Sie haben Gottes Gebote nicht mehr gehört, nicht mehr nach ihnen gehandelt, sie haben sie über den Herrn der Welt zum Herrn ihrer kleinen Welt aufgeschwungen. Bis Gottes Gericht über sie hereingebrochen ist. Dann war es aus mit ihrer sich selbst zugesprochenen Herrlichkeit.
Frau Lot ist der Inbegriff von Salz, bei ihr hat sich das Salz angesammelt, aufgestaut, aufgestapelt zu einer Säule, das Zuviel hat sich gekehrt in ein zu wenig. Ihre Sehnsucht nach denen, die sie ungefragt verlassen musste, der Mangel, der sich bei ihr daraufhin eingestellt hat, die Sehnsucht, der sie nachgegeben hat, hat sie am Ende verbittern und erstarren lassen. Sie konnte nicht mehr weiter. Das Salz, auf der einen Seite zu viel, auf der anderen zu wenig und in mangelnder Qualität, hat sie verätzt, aufgefressen, bewegungsunfähig gemacht. Ihre Seele hat nur noch Salzluft geatmet, ist zur Salzsäure geworden, hat ihre Luftröhre und ihre Lungen verätzt, hat ihr Stimme und Atem genommen. Alles in ihr war versalzen und versalzt und nicht mehr genießbar.
Wo hat Lot, wo haben seine Töchter hingeschaut, als die innere Erbitterung Frau Lot Stück um Stück versalzt hat, bis sie zur Salzsäule erstarrt ist?
Ob sie nicht das bessere Los gezogen hatte gegenüber Lot, der doch noch aus der Stadt in das ungeliebte, lebensfeindliche Hügelland musste? Aus Angst verbarg er sich in einer Höhle. Er wurde von seinen Töchtern dann auf üble Weise hintergangen. Frauen spielen in der Bibel hin und wieder eine üble Rolle. Aus diesem Betrug und Vergehen sind die Moabiter und Ammoniter hervorgegangen. Ein fruchtbares Land ist daraus nicht geworden. Ganz im Gegenteil: Beide Völker sind wieder zum Götzendienst zurückgekehrt.
Wir können weniger von den Überlebenden - schon gar nicht von Lots Töchtern – lernen, mehr von der stummen, erstarrten Frau Lot, die nicht einmal zu Wort kommt. Im Blick auf Frau Lot kumuliert sich die ganze Tragik von Gottes Volk: Einerseits ist sie dem Befehl gefolgt und hat ihre Stadt mit ihrem Mann verlassen, andererseits ist sie nicht angekommen. Im Irgendwo dazwischen ist sie verlorengegangen.
Lieber Luther, ich fühle mit Frau Lot: Wollen und Nichtwollen, gehört und übergangen werden, innerer Aufschrei und äußeres Stummsein, das Zerrissensein zwischen gestern und heute, das überfordert sein und nicht mehr Weiterwollen. Frau Lot ist ganz aktuell. Es gibt viele Frau Lots, schauen wir uns um.
Und plötzlich erstarren wir zur Salzsäule. Wer kennt das nicht? Aus der Geschichte von Frau Lot sollten wir lernen, das wir nicht zurück, aber hinschauen sollten, dass wir uns nicht wegdrehen und denken, das, was in unserem Rücken passiert, nehme ich nicht zur Kenntnis, geht mich nichts an. Lots Geschichte zeigt, auch das geht in Wirklichkeit nicht gut aus.
Mit salzigem Geschmack im Mund, dennoch herzliche Grüße
Deborrah

Donnerstag, 9. Mai 2013

Himmelfahrt - Vatertag

Lieber Luther,
ich habe dich etwas vernachlässigt. Eigentlich wollte ich dir über den Kirchentag schreiben, dieses Massenfest mit Masse(n)abfertigung. Ich konnte mich nicht richtig damit anfreunden. Aber heute ist Himmelfahrt und das beschäftigt mich mehr als der Kirchentag, der keine bleibenden Spuren bei mir hinterlassen hat.
An Himmelfahrt ist der Himmel offen, hieß es heute in der Predigt. Dies trifft sicher insofern zu, als es in katholischer Lesart ein Hochfest ist, ich würde sagen, ein Tag mit besonderer Kraft. Das war heute draußen auch zu spüren, am Licht und an der Atmosphäre, obwohl oder gerade weil es immer wieder geregnet hat.
Was heißt, der Himmel ist offen? Es heißt, dass die Ausstrahlung Gottes direkt auf uns einwirkt. Es sind die Tage, in denen wir einen unmittelbaren direkten Draht zu Gott haben, ihm alles hinschieben, was uns bedrängt und belastet und er in uns heilt. Wir merken sein Wirken, ohne zu wissen, was er wirkt. Das wird sich erst zeigen. Es gibt wenige solcher himmeloffener Tage: Jesu Taufe, Himmelfahrt und Pfingsten. Alles relativ eng beieinander in unserem kirchlichen Jahreskalender.
Himmelfahrt zeugt auch von einem Abschied. Jesus in Menschengestalt verlässt uns endgültig und kehrt wieder zu seinem göttlichen Ursprung zurück, für uns bittend, uns entlastend, notwendig, um zu Pfingsten zu kommen. Die Jünger konnten sich nun nicht mehr an seiner Menschengestalt festhalten, sie hatten nur noch den Glauben und ab Pfingsten den Heiligen Geist, entkörperlichte Ergebung.
Immer an den Stellen, an denen wir uns mit etwas auseinandersetzen müssen, das jenseits unseres Verstandes und unseres Begreifens ist, tun wir uns schwer. Jesus wurde in den Himmel aufgenommen und hat sich zur Rechten Gottes gesetzt. Wie muss man sich das vorstellen?
Zunächst: Jesus war schon 40 Tage tot. Dass er sich trotzdem seinen Jüngern gezeigt hat – und nur ihnen – hat mit ihrem Auftrag und mit ihrer besonderen Nähe zu Jesus zu tun. Sie sollten das Wort von nun an unter den Menschen in ihrer Sprache weitertragen. Er hat sie ausgewählt, ausgebildet, gestärkt, gesegnet, sie mit allen Mitteln gerüstet, die notwendig waren, um ihren Auftrag zu erfüllen. Sie waren nach seinen Tod zögerlich und verängstigt. Sie mussten Zutrauen zu ihrer neuen Selbstverantwortung fassen. Deshalb hat er sie noch eine Weile in besondere Nähe begleitet, gecoacht würde man heute sagen. Und er war erfolgreich, sonst würden wir heute – nach über 2000 Jahren – nicht davon reden.
An Karsamstag entschuldet uns Jesus vor Gott, an Himmelfahrt wird der Mensch durch ihn wieder eins mit Gott. Er kehrt entschuldet wieder in seinen Ursprung zurück und wird mit ihm eins. Jesus bittet in seinem hohepriesterlichen Gebet vor seiner Verhaftung auch für diejenigen, die durch das Wort, das seine Jünger verbreiten, an ihn glauben "auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien" (Joh 17, 20-21). Das geschieht an Himmelfahrt durch ihn stellvertretend für uns.
Gott und sein Wirken ist außerhalb menschlicher Vorstellungen und Phantasie. Wenn wir uns eins fühlen mit einem Menschen, ist das auch im Prinzip nicht zu beschreiben. Das Einssein mit Gott ist ungleich größer. Wenn wir schon für das menschliche Einssein keinen Begriff haben, wie sollen wir ihn vom göttlichen Einssein haben? Kein lebender Mensch hat es je erlebt, keiner hat es gesehen. Es ist aber, für die, die glauben, durch Jesus schon für uns erwirkt. Also wieso nicht glauben? Was verlieren wir? Wir verlieren nur, wenn wir nicht glauben. Auch davon zeugt die Schrift in reichem Maße.
An Himmelfahrt ist Jesus zu seinem Vater, zu seinem Ursprung, zurückgekehrt. Himmelfahrt ist sozusagen sein Vatertag. Dass heute "Vatertag" genau an Himmelfahrt ist, hat etwas. Ich kann mir Gott hier mit einem Augenzwinkern vorstellen: Seht, ich wirke, auch wenn ihr das gar nicht merkt. Großzügig betrachtet ist Vatertag in der jetzigen Form ein geselliges Fest, in dem gemeinsam gegessen, getrunken und gefeiert wird. Ich gebe zu, das ist gewagt, aber Gott wirkt in der Regel unerwartet und er kümmert sich vornehmlich um die Verlorenen und Heiden. Nicht auszuschließen, dass er da mitfeiert und mit an den Grills und Bollerwagen steht. Lieber Luther, das möchte ich gerne so denken, den Gedanken finde ich schön.
An Himmelfahrt sind die Himmel offen. Es ist ein offenes Fest, jeder kann sich öffnen für das Einssein mit Gott durch Jesus Christus. "Und ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast" (Joh 17, 22). Es ist ein Hochfest im wahrsten Sinne des Wortes. Auch für uns. Deshalb ist es ein Tag mit besonderer Qualität. Diese zu erfahren, sollten wir jede Sekunde dieses Tages offen sein und uns – eigentlich – nicht vom oberflächlichen Feiern ablenken lassen. Da würden wir etwas verpassen. Eigentlich.
In diesem Sinne, schönen Vatertag, denn ein Fest ist es allemal, wie immer man es gestaltet.
Herzliche Grüße
Deborrah